Der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiss (CDU), hat sich auf Bitten der aserbaidschanischen Regierung an ein deutsches Medizintechnikunternehmen gewandt, das Geschäfte mit dem autoritären Staat machte.
Aserbaidschans autoritärer Herrscher Ilham Alijew
Aserbaidschans autoritärer Herrscher Ilham Alijew - AFP/Archiv

Wie eine Ministeriumssprecherin am Freitag bestätigte, bat «ein Amtskollege aus Aserbaidschan» beim Wirtschaftsministerium um eine «Sachverhaltsaufklärung». Dieser Bitte folgend habe Bareiss telefonischen Kontakt mit dem Unternehmen aufgenommen.

Den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) zufolge ging es um die geplante Lieferung von rund 150 Beatmungsgeräten an die Kaukasusrepublik. Die in Rheinland-Pfalz ansässige Firma habe mit Aserbaidschan die Lieferung der Geräte in mehreren Tranchen vereinbart, berichteten die Zeitung unter Berufung auf Unternehmenskreise.

Dann habe Aserbaidschan jedoch auf eine unverzügliche Lieferung aller Geräte gedrängt. Dies habe der Hersteller unter Verweis auf die bereits ausgelastete Produktion und die weitaus dramatischere Corona-Lage in anderen Besteller-Ländern verweigert. Daraufhin soll Staatssekretär Bareiss telefonisch bei dem Unternehmen darauf gedrungen haben, Beatmungsgeräte zuvorderst nach Aserbaidschan zu liefern, hiess es in dem Bericht weiter. Er habe dies mit wirtschaftlichen Interessen Deutschlands begründet.

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) wies diese Darstellung zurück. Bareiss habe «zu keinem Zeitpunkt einen Vertreter der Firma Löwenstein Medical zur prioritären Lieferung von Beatmungsgeräten nach Aserbaidschan aufgefordert oder gedrängt und insbesondere keinen wie auch immer gearteten Druck ausgeübt oder vor aussenpolitischem Schaden» gewarnt, hiess es in einer Erklärung.

Richtig sei, dass «ein Amtskollege aus Aserbaidschan an das BMWi herangetreten ist, der sich in Anbetracht der im Frühjahr allseits bestehenden Unsicherheit Sorgen um die medizinische Versorgung der Bevölkerung ausgesetzt sah», teilte das Wirtschaftsministerium weiter mit. «Er bat um Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf Liefertermine im Rahmen eines konkreten Vertrages mit einem deutschen Hersteller medizinischer Geräte.»

Dieser Bitte folgend habe Bareiss telefonisch Kontakt zu dem Unternehmen aufgenommen und die Antwort anschliessend der aserbaidschanischen Seite übermittelt. Zu «keinem Zeitpunkt» aber habe Bareiss das Unternehmen zur prioritären Lieferung von Beatmungsgeräten nach Aserbaidschan aufgefordert, erklärte demnach das Ministerium. Er habe «keinen wie auch immer gearteten Druck ausgeübt».

Dies bestätigte auch das Medizintechnikunternehmen Löwenstein Medical. Das Unternehmen habe sich «zu keinem Zeitpunkt durch Staatssekretär Bareiss unter Druck gesetzt gefühlt», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Von der diesbezüglichen Presseberichterstattung distanziere sich das Unternehmen.

Den RND-Zeitungen zufolge war Bareiss im Januar 2019 mit einer Wirtschaftsdelegation in die aserbaidschanische Hauptstadt Baku gereist und dort unter anderem von Staatschef Ilham Alijew empfangen worden. 2018 war er demnach Hauptredner auf dem 1. Deutsch-Aserbaidschanischen Wirtschaftsdialog, den der am Donnerstag zurückgetretene CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann gemeinsam mit dem aserbaidschanischen Botschafter veranstaltet habe.

Zuletzt waren mehrere Abgeordnete der Union durch Nähe zur autokratischen Regierung Aserbaidschans aufgefallen. Hauptmann steht unter dem Verdacht, Geld aus Baku angenommen zu haben, was er bestreitet. Der CDU-Abgeordnete Axel Fischer verlor wegen ähnlicher Vorwürfe seine Immunität.

Gegen die CDU-Abgeordnete Karin Strenz war vom Bundestag 2019 eine Geldstrafe verhängt worden, weil sie als Mitglied der Parlamentarierversammlung des Europarats in einen Skandal um Bestechungsgelder aus der autoritär regierten Kaukasus-Republik Aserbaidschan verwickelt war. Strenz gehört dem Bundestag aber immer noch an.

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