Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen Ex-Arzt der Colonia Dignidad ein

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Deutschland,

Nach siebeneinhalb Jahren hat die Staatsanwaltschaft Krefeld ihre Ermittlungen gegen den in Deutschland lebenden Ex-Arzt der Siedlung Colonia Dignidad in Chile, Hartmut Hopp, eingestellt.

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Justitia - dpa/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Krefelder Behörde sieht keinen hinreichenden Tatverdacht gegen Hopp.

Bei den Nachforschungen gemeinsam mit chilenischen Strafverfolgungsbehörden habe «nach Ausschöpfung aller erfolgversprechender Ermittlungsansätze ein für eine Anklageerhebung erforderlicher hinreichender Tatverdacht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet werden» können, teilte die Behörde mit. Opfervertreter kritisierten am Dienstag die Entscheidung.

Laut Staatsanwaltschaft bestätigte sich der Vorwurf gegen Hopp nicht, er sei an der Tötung von drei im Mai 1976 in Chile verschwundenen oppositionellen Studenten beteiligt gewesen. Kein hinreichender Tatverdacht gegen den in Krefeld lebenden Hopp habe sich auch bei der Prüfung des Vorwurfs ergeben, er habe Beihilfe zu in den Jahren von 1993 bis 1997 begangenen Sexualstraftaten des Ex-Leiters der Colonia Dignidad, Paul Schäfer, an chilenischen Kindern geleistet.

Wegen Beihilfe zum sexuellen Kindesmissbrauch war Hopp in einem Prozess in Chile zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Die Krefelder Staatsanwaltschaft kam nun zu dem Ergebnis, die Feststellung in dem damaligen Urteil des chilenischen Gerichts reichten «nicht aus, um eine nach deutschem Recht strafbare Beihilfe des Beschuldigten zu den Straftaten Paul Schäfers zu belegen».

Die Krefelder Staatsanwaltschaft hatte seit 2011 gegen den deutschen Staatsbürger Hopp ermittelt. Zur Einstellung der Ermittlungen erklärte die Grünen-Abgeordnete Renate Künast, wenn «Verantwortliche nicht zur Verantwortung gezogen werden, bleibt tiefe Enttäuschung».

Durch die Entscheidung der Staatsanwaltschaft sei das Vertrauen der Betroffenen in die deutsche Justiz erschüttert, kritisierten die Rechtsanwältin Petra Schlagenhauf, Jan Stehle vom Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile/Lateinamerika und Andreas Schüller vom European Center for Constitutional and Human Rights. «Gemeinsam mit den Betroffenen werden wir nun besprechen, ob sie Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens einlegen.»

Derweil berichtete der Südwestrundfunk (SWR) über eine angeblich für den 13. Mai geplante Entscheidung der gemeinsamen Kommission aus Bundestag und Bundesregierung zur Frage, wie die rund 180 Überlebenden der Colonia Dignidad faktisch entschädigt werden sollen. Einige von ihnen arbeiteten demnach jahrzehntelang in der Siedlung, ohne dafür irgendeine Entlohnung zu erhalten.

Laut dem vertraulichen Sitzungsprotokoll vom 22. März dieses Jahres, das dem SWR nach dessen Angaben vorliegt, soll dem Bericht zufolge jeder Betroffene aus einem Gesamtfonds einmalig rund 5000 Euro erhalten. Der Sender zitierte einen Abgeordneten mit der Einschätzung, dies reiche «bei weitem nicht». Um den Minimalkompromiss nicht zu gefährden, wollte der Abgeordnete demnach seinen Namen nicht nennen.

Künast erklärte dazu als Mitglied der Kommission zur Umsetzung des Hilfskonzepts für die Opfer der Colonia Dignidad, sie werde sich «nicht zu inhaltlichen Spekulationen, angeblichen Zitaten von anonymen Abgeordneten und angeblichen Terminen für Abschlusssitzungen äussern».

Seit Herbst 2016 versuchten einige Abgeordnete, zu einer finanziellen Anerkennung des erlittenen Leids für ehemalige Bewohner und Bewohnerinnen zu kommen, betonte die Grünen-Politikern. «Dieses Ziel werde ich nicht durch die Teilnahme an Spekulationen gefährden, denn mir geht es ernsthaft um die Betroffenen.»

In der 1961 gegründeten sektenartigen Siedlung Colonia Dignidad wurden zur Zeit der chilenischen Militärdiktatur von Augusto Pinochet in den Jahren 1973 bis 1990 Menschen vergewaltigt, gefoltert und getötet. Die Siedlung war von dem aus Deutschland geflohenen ehemaligen Wehrmachtsgefreiten und Laienprediger Schäfer gegründet worden.

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