«Sparsame Vier» legen Gegenentwurf zu Corona-Hilfsplan von Merkel und Macron vor

Das Wichtigste in Kürze
- Absage an «Vergemeinschaftung von Schulden».
Der am Samstag in Wien veröffentlichte Alternativvorschlag der als «sparsame Vier» bekannten Gruppe aus Österreich, Dänemark, den Niederlanden und Schweden lehnt eine Vergemeinschaftung von Schulden und eine Erhöhung des EU-Haushalts ausdrücklich ab. Stattdessen sieht er eine einmalige und auf zwei Jahre befristete Nothilfe auf der Basis von günstigen Krediten vor.
Der am Montag vorgelegte Corona-Plan von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Marcron würde es der EU-Kommission erlauben, auf den Finanzmärkten Kredite im Namen der EU aufzunehmen, um einen Wiederaufbaufonds im Volumen von 500 Milliarden Euro zu füllen. Das Geld soll dann als nicht rückzahlbare Zuschüsse aus dem EU-Haushalt an die am stärksten von der Corona-Krise betroffenen EU-Länder oder Sektoren fliessen, darunter an das bereits hoch verschuldete Italien.
Laut dem vom österreichischen Kanzleramt veröffentlichten Gegenentwurf soll der Nothilfefonds zusätzlich zu einem modernisierten Finanzrahmen und einem bereits beschlossenen Rettungspaket von 540 Milliarden Euro eingerichtet werden. Eine Summe wird nicht genannt.
Das Geld darf demnach nur «für den Wiederaufbau und die Widerstandsfähigkeit des Gesundheitssektors und der Wirtschaft eingesetzt werden». Gefördert werden sollten demnach im Einklang mit den EU-Klima-, Wachstums- und Digitalzielen vor allem Forschung und Innovation und der «grüne Übergang». Empfängerstaaten müssten sich zu Reformen und der Einhaltung des vorgeschriebenen Haushaltsrahmens verpflichten.
Zum Schutz vor Betrug fordern die «sparsamen Vier» eine starke Einbindung des Europäischen Rechnungshofs, der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf und der Europäischen Staatsanwaltschaft.
Statt einer deutlichen Erhöhung des EU-Haushalts, wie sie Merkel und Macron vorsehen, fordern die vier Nettozahler ein «modernisiertes EU-Budget». Der endgültige Ausgabenrahmen der Coronahilfen sollte demnach «durch eine neue Priorisierung» von Ausgabenbereichen im EU-Haushalt ermittelt werden. Hilfen, die weniger zur Wirtschaftserholung beitragen, sollten eingespart werden.
Massgeblicher Kritiker an den Plänen von Merkel und Macron ist Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Schon kurz nach deren Veröffentlichung hatte er einen Gegenentwurf angekündigt. Beim virtuellen Parteitag der CSU pochte Kurz am Freitag erneut auf befristete Hilfen bei der Bewältigung der Corona-Krise auf europäischer Ebene. «Was wir ablehnen ist eine Schuldenunion durch die Hintertür», sagte er. Diese würde Europa nicht guttun.
Der Vorsitzende der Eurogruppe, Mário Centeno, lobte hingegen den deutsch-französischen Vorschlag. Die Initiative sei ein «kühner Schritt» zur Überwindung der Krise, sagte der portugiesische Finanzminister der «Welt am Sonntag». Trotz seiner zeitlichen Begrenzung wäre der Wiederaufbaufonds zudem ein «grosser Schritt hin zu einer Fiskalunion und zu einer wirklich funktionierenden Währungsunion».
Centeno unterstrich in dem Interview die Position der südeuropäischen Länder, die einen Grossteil des Geldes für sich erwarten. Mittel- und osteuropäische Länder, aber auch Merkel und Macron, betonen hingegen, dass die Mittel auch in die am stärksten betroffenen Sektoren fliessen sollen.
Die EU-Kommission will am kommenden Mittwoch einen eigenen Vorschlag vorstellen. Sie strebt bei ihrem «Wiederaufbauinstrument» ein Volumen von mindestens einer Billion Euro an und setzt dabei auf eine Mischung aus Zuschüssen und Krediten. Die Kommission will auf diese Weise ein wirtschaftliches Auseinanderdriften der Mitgliedstaaten verhindern.
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