Die Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen nehmen die Seenotrettung auf dem Mittelmeer wieder auf.
SOS Méditerranée
Rettungsschiff «Aquarius» von SOS Méditerranée und Ärzte und Grenzen. - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Italiens Innenminister kritisiert Paris und Berlin im Streit um Migrationspolitik.

«Als professionelle Seenotretter können wir das Sterben im Mittelmeer nicht mehr hinnehmen», erklärte der Geschäftsführer von SOS Méditerranée in Deutschland, David Starke, am Sonntag. Das neue Rettungsschiff «Ocean Viking» ist nach Angaben der Organisationen bereits seit Donnerstag auf dem Weg in Richtung Mittelmeer, es soll Ende des Monats dort die Seenotrettung aufnehmen.

Die «Ocean Viking» mit 31 Besatzungsmitgliedern an Bord fährt unter norwegischer Flagge. Das 69 Meter lange Frachtschiff aus dem Baujahr 1986 diente nach Angaben von SOS Méditerranée in der Vergangenheit als Versorgungs- und Rettungsschiff für die Öl- und Gasindustrie in der Nordsee. Laut Ärzte ohne Grenzen kann es bis zu 200 Gerettete an Bord nehmen.

Das Rettungsschiff wird seinen Einsatz auf das zentrale Mittelmeer konzentrieren, wie der Einsatzleiter von SOS Méditerranée, Frédéric Penard, erklärte. Dort würden die meisten Notrufe abgesetzt. Allerdings werde die «Ocean Viking» nicht in libysche Hoheitsgewässer vordringen.

Ende 2018 hatten die beiden Organisationen nach drei Jahren ihre gemeinsamen Rettungsaktivitäten mit dem Schiff «Aquarius» auf politischen Druck Italiens hin eingestellt. Mit der «Aquarius» retteten sie nach eigenen Angaben zwischen 2016 und 2018 mehr als 29.000 Menschen vor dem Ertrinken. Den Organisationen zufolge sind seit Beginn dieses Jahres 426 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer gestorben.

«Seit einem Jahr beobachten wir, dass die europäische Staatengemeinschaft ihrer Verantwortung für die Geflüchteten entlang der Mittelmeerroute nicht mehr nachkommt», erklärte SOS-Méditerranée-Geschäftsführer Starke. «Leben retten ist Pflicht!»

Die beiden Organisationen nahmen ihre Rettungsfahrten einen Monat nach der Festsetzung der deutschen Kapitänin Carola Rackete in Italien wieder auf. Rackete war am 29. Juni vorübergehend festgenommen worden, nachdem sie ihr Schiff «Sea-Watch 3» mit 40 Flüchtlingen an Bord in den Hafen von Lampedusa gesteuert hatte, obwohl Italiens rechtsradikaler Innenminister Matteo Salvini das Anlegen jeglicher Rettungsschiffe aus dem Mittelmeer in italienischen Häfen verboten hatte.

Rackete forderte wenig später die Aufnahme aller Migranten aus Libyen in einem «sicheren Land». Sie sprach dabei von einer halben Million Menschen. Dem widersprach allerdings die Internationale Organisation für Migration (IOM). «Nicht alle der 650.000 Migranten, die sich derzeit in Libyen aufhalten, wollen nach Europa», sagte der Mittelmeerbeauftragte von IOM, Federico Soda, der Zeitung «Die Welt»

Derweil warnte Salvini Deutschland und Frankreich davor, die Flüchtlingspolitik der EU eigenmächtig zu bestimmen. «Es reicht mit den Entscheidungen, die nur in Paris und in Berlin getroffen werden», schrieb Salvini am Sonntag in einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite, dem er einen Brief an den französischen Innenminister Christophe Castaner beifügte.

Es gehe nicht an, dass die französische und die deutsche Regierung die Migrationspolitik in der Europäischen Union bestimmten und dabei «die Forderungen der am stärksten betroffenen Länder ignorieren», kritisierte Salvini und nannte sein Land und Malta als Beispiele.

Der Umgang mit Geflüchteten ist in der EU seit langem stark umstritten. Am Donnerstag gelang den EU-Innenministern bei einem Treffen in der finnischen Hauptstadt Helsinki keine Einigung. Italien und Malta lehnten einen deutsch-französischen Vorschlag ab, zeitlich befristet über das Mittelmeer kommende Migranten auf einige andere Länder zu verteilen. Für Montag war ein erneutes Treffen der EU-Innenminister in Paris geplant.

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