Seehofer schiebt Entscheidung über Strafanzeige gegen «taz»-Autorin auf

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Deutschland,

In der Debatte um eine mögliche Strafanzeige gegen eine Autorin der Tageszeitung «taz» will sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nicht zu einer Entscheidung drängen lassen.

Minister Seehofer
Minister Seehofer - POOL/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Minister fordert intensive gesellschaftliche Debatte über Polizei.

Ihm sei es wichtig, diese Frage vor einer möglichen Anzeigenerstattung «sorgfältig auszuleuchten», sagte Seehofer am Mittwoch in Berlin. «Ich möchte, das wir intensiv über den Kern der Sache diskutieren.» Die Entscheidung über eine Strafanzeige gegen die Autorin der polizeikritischen Kolumne müsse «sehr vorsichtig» abgewogen werden.

Bei seiner Entscheidung werde er auch die «Fürsorge- und Schutzfunktion» gegenüber der Polizei berücksichtigen, die er als Innenminister ausübe. Als Verfassungsminister habe er zudem die Frage zu berücksichtigen, «was wir uns im Umgang miteinander zumuten» und «wie wir mit der Polizei umgehen». Noch am Sonntag hatte Seehofer angekündigt, Strafanzeige gegen die «taz»-Autorin Hengameh Yaghoobifarah zu erstatten, weil er durch deren Kolumne die Polizei verunglimpft sah.

Seehofers Stellungnahme am Mittwoch waren mehrere Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorausgegangen, die sich persönlich in die Angelegenheit einschaltete. Ihr Sprecher berichtete am Montag von «vertraulichen Gesprächen» zwischen Kanzlerin und Minister. Seehofer verzichtete im Anschluss darauf, wie zuvor angekündigt noch am Montag Strafanzeige zu erstatten.

Am Mittwoch hatten Seehofer und Merkel am Rande der Kabinettssitzung nochmals einen «Austausch» zu dem Thema, wie Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer sagte. Nicht bestätigen wollte sie Berichte, wonach Merkel ihren Minister von der Anzeige abzubringen versuchte. Sie sagte lediglich, Merkel und Seehofer seien «sich einig über den Stellenwert der Pressefreiheit in der Demokratie».

Für zusätzliche Spekulationen über einen Konflikt zwischen Merkel und Seehofer hatte der Umstand gesorgt, dass der Innenminister kurzfristig alle Termine für Dienstag absagte - unter anderem die wichtige Vorstellung der Verfassungsschutzberichts. Sein Sprecher begründete dies im Nachhinein mit «Terminverschiebungen». Der Minister sei seit Montag in Berlin, «es geht ihm gut», sagte der Sprecher am Mittwoch.

In der wohl satirisch gemeinten «taz»-Kolumne war es in Verbindung mit Rassismus-Vorwürfen um eine mögliche Abschaffung der Polizei gegangen. Dabei hatte die Autorin Hengameh Yaghoobifarah auch geschrieben, am Ende seien bisherige Polizeibeamte dann am besten auf einer «Mülldeponie» als Arbeitsplatz aufgehoben.

Seehofer sprach am Sonntag in diesem Zusammenhang von einer «Enthemmung der Worte», auf die «unweigerlich eine Enthemmung der Taten» folge. Er stellte dabei auch eine Verbindung zu den Stuttgarter Krawallen vom Wochenende her.

Mit seiner Anzeigendrohung zog Seehofer auch den Unmut des Koalitionspartners auf sich. «Die Autorin ist schon sehr unter Beschuss geraten», sagte SPD-Chefin Saskia Esken am Dienstag in Berlin. «So was dürfen wir als Staat keinesfalls befördern.» Der Deutsche Presserat warnte, eine Strafanzeige könne einschüchternd wirken.

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