In Peru ist ein Ende der schweren politischen und sozialen Krise nicht in Sicht: Das Parlament lehnte am Samstag einen Antrag von Präsidentin Dina Boluarte ab, angesichts der Krise die Wahlen auf Ende des Jahres vorzuziehen.
Auch der Touristmus leidet: Inka-Stätte Machu Picchu
Auch der Touristmus leidet: Inka-Stätte Machu Picchu - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Präsidentin Boluarte wollte Wahl angesichts der Proteste nochmals vorziehen.

Nach siebenstündiger Debatte stimmten die Abgeordneten mehrheitlich gegen Boluartes Antrag. Die massiven Proteste von Anhängern des abgesetzten, linksgerichteten Präsidenten Pedro Castillo dauerten derweil an; sie fordern den Rücktritt von Boluarte, die als Vizepräsidentin nach Castillos Absetzung an die Spitze des südamerikanischen Landes gerückt war, sowie sofortige Neuwahlen.

Bei der Abstimmung im Parlament votierten 65 der Abgeordneten am Samstag kurz nach 00.00 Uhr (06.00 Uhr MEZ) gegen Boluartes Antrag, 45 Abgeordnete waren dafür. Zwei weitere enthielten sich ihrer Stimme. Zwar erhielt Parlamentspräsident José Williams kurz nach der Abstimmung einen weiteren Antrag, das Votum am Montag nochmals zu «überprüfen». Doch dürfte es schwierig sein, das Ergebnis zu revidieren.

Die dem Mitte-Lager angehörende Abgeordnete Susel Paredes rief die rechtsgerichteten Parteien sowie die linken Vertreter zum Einlenken auf. Sie hob hervor, dass die Politiker eine Verpflichtung zur Einigung hätten, doch sehe sie bei beiden Lagern bisher keine Bereitschaft zum Nachgeben.

Boluarte hatte gehofft, mit nochmals auf Ende 2023 vorgezogene Wahlen die seit Wochen andauernden Proteste im Land zu beenden. Im vergangenen Monat hatte sich das Parlament bereits mit grosser Mehrheit für vorgezogene Neuwahlen im April 2024 ausgesprochen. Dennoch gingen die landesweiten Proteste weiter. Daraufhin bat Boluarte am Freitag das Parlament, die Wahl noch in diesem Jahr abzuhalten.

Peru wird seit der Amtsenthebung und Verhaftung des linksgerichteten Castillo am 7. Dezember von schweren Unruhen erschüttert. Bei den landesweiten Protesten fordern die Demonstranten neben dem Rücktritt von Castillos Nachfolgerin und Parteikollegin Boluarte die Auflösung des Parlaments, um unverzüglich Neuwahlen abzuhalten.

Bei den Protesten kam es immer wieder zu blutigen Konfrontationen mit den Sicherheitskräften, mindestens 47 Menschen wurden getötet. Für fast ein Drittel des Andenstaats wurde mittlerweile der Notstand ausgerufen. Die Demonstrationen und Strassenblockaden führen in Peru inzwischen zu Engpässen bei Treibstoff, Lebensmitteln und medizinischer Versorgung.

Durch die Proteste wird auch die wichtige Tourismusbranche des Landes schwer in Mitleidenschaft gezogen. Seit Juni vergangenen Jahres hätten sich die Verluste auf täglich umgerechnet 5,7 Millionen Euro summiert, teilte Tourismusminister Luis Fernando Helguero mit. Bis zu 85 Prozent der Reisen seien annulliert worden. Der Minister verwies insbesondere auf die Situation an der berühmten Inka-Ruinenstadt Machu Picchu, an deren Fusse hunderte Touristen gestrandet waren.

Das Auswärtige Amt in Berlin rät ebenso wie viele andere Staaten derzeit von nicht notwendigen Reisen nach Peru ab. Der Tourismus ist für die peruanische Wirtschaft von erheblicher Bedeutung: Er macht zwischen drei und vier Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes aus.

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