Kriminelle Banden, die Vermögensdelikte begehen, können unter Umständen in mehreren europäischen Staaten strafrechtlich verfolgt werden.
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Das Wichtigste in Kürze

  • EuGH: Voraussetzung ist Bedrohung nationaler Sicherheit oder wichtiger Staatsinteressen.

Das gelte bei Bedrohung der Landessicherheit oder ähnlicher wesentlicher Interessen, erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag. Er beantwortete damit Fragen aus Deutschland. (Az. C-365/21)

Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg ermittelt gegen mehrere Menschen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie des Anlagebetrugs in Form von Cybertrading – das ist Betrug mithilfe von Scheinfirmen im Internet. Ein Angeklagter wurde wegen dieser Taten bereits vom Landgericht Wien verurteilt. Er wehrt sich daher unter Hinweis auf den Grundsatz «ne bis in idem», wonach ein Beschuldigter nicht zweimal wegen derselben Tat verurteilt werden darf.

Auch wenn es in Deutschland um andere Opfer geht, geht das Oberlandesgericht Bamberg davon aus, dass es hier im Kern um die gleichen Straftaten geht wie in Wien, so dass das Verbot der Doppelbestrafung greifen würde. Bei Abschluss des Schengen-Abkommens behielt Deutschland sich aber vor, dass dieses Verbot beim Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung nicht gelten soll.

Das Bamberger Gericht fragte den EuGH, ob ein solcher Vorbehalt mit der EU-Grundrechtscharta vereinbar sei und auch kriminelle Banden umfassen könne, die ausschliesslich Vermögensdelikte begingen. Beides bejahte der EuGH, solange es um die nationale Sicherheit gehe. Es müssten also besonders schwere Straftaten sein, die den Staat selbst beträfen.

Auch Vermögenskriminalität könne unter bestimmten Umständen solche wesentlichen Interessen des Staats beeinträchtigen. Für den Bamberger Fall jedoch schätzte der Gerichtshof, dass die Taten wohl nicht die Bundesrepublik selbst schädigten und damit nicht unter diese Ausnahme fielen. Dies müsse aber das Oberlandesgericht prüfen.

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