Nach dem Rücktritt seines Finanzministers hat Kanadas Premierminister Justin Trudeau sein Kabinett umgebildet: Nachfolgerin des am Montag überraschend zurückgetretenen Bill Morneau ist die bisherige Vize-Premierministerin Chrystia Freeland.
Chrystia Freeland und Premier Trudeau
Chrystia Freeland und Premier Trudeau - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vorgänger Morneau trat überraschend zurück.

Die 52-Jährige wurde am Dienstag in Ottawa vereidigt. Morneaus Rücktritt war ein Streit mit Trudeau über die Höhe der Ausgaben in der Corona-Krise vorausgegangen.

Freeland ist die erste Frau an der Spitze des Finanzministeriums. Die ehemalige Journalistin geniesst im Kabinett ein hohes Ansehen. Sie leitete unter anderem die Freihandelsgespräche mit den USA und Mexiko für das neue USMCA-Abkommen.

Morneau hatte am Montagabend erklärt, angesichts der «nächsten Phase» im Kampf gegen die Corona-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen sei es «Zeit für einen neuen Finanzminister». Auch sein Mandat als Parlamentsabgeordneter werde er niederlegen.

Der Prozess der wirtschaftlichen Erholung von der Corona-Krise werde "viele Jahre" dauern, sagte Morneau. Es sei die richtige Zeit für einen Finanzminister, der die Krisenstrategie der Regierung "auf dem langen und herausfordernden "Weg, den wir vor uns haben", weiterverfolgen könne.

Er wolle sich stattdessen als Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bewerben, kündigte Morneau weiter an. Morneau leitete das Finanzministerium in Ottawa seit 2015.

Kanadische Medien hatten vergangene Woche von tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Morneau und Trudeau in der Krisenbekämpfung berichtet. Das kanadische Haushaltsdefizit lag zuletzt bei mehr als 340 Milliarden kanadischen Dollar (rund 216 Milliarden Euro).

Hinzu kam, dass die kanadische Ethik-Kommission ihre Überprüfung eines umstrittenen Regierungsauftrags an eine Wohltätigkeitsorganisation auf Morneaus Ministerium ausweitete. Trudeaus Regierung hatte Ende Juni die Organisation WE Charity mit der Umsetzung eines 900 Millionen kanadische Dollar umfassenden Regierungsprogramms beauftragt. Im Zuge des Programms werden Studenten, die während der Corona-Pandemie Freiwilligenarbeit für gemeinnützige Organisationen leisten, Zuschüsse von bis zu 5000 kanadischen Dollar gewährt.

Die Opposition hatte die Vergabe kritisiert, weil Trudeau und mehrere seiner Familienangehörigen in der Vergangenheit von WE Charity als Redner eingeladen worden waren. Trudeaus Mutter, sein Bruder und seine Ehefrau erhielten Honorare in Höhe von insgesamt knapp 300.000 kanadischen Dollar von der Organisation. Die Gründer von WE Charity haben sich mittlerweile wegen der anhaltenden Kritik aus der Vereinbarung zurückgezogen.

Morneaus Name tauchte in dem Skandal auf, als herauskam, dass er erst kürzlich rund 41.000 kanadische Dollar an Spesen an WE Charity zurückgezahlt hatte, die er und seine Familie für zwei humanitäre Reisen im Jahr 2017 erhalten hatten. Zudem räumte er öffentlich ein, dass eine seiner Töchter bei der Organisation beschäftigt ist und eine weitere ehrenamtlich für sie arbeitet. Die Opposition hatte daraufhin den Rücktritt des Finanzministers verlangt.

Die oppositionellen Konservativen und Neuen Demokraten bezeichneten den Rücktritt Morneaus am Montag als ein Zeichen dafür, dass die Regierung von Trudeau «im Chaos» stecke. Der Finanzminister sei dabei zum Sündenbock gemacht worden.

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