Die Diskussion über den deutsch-französischen Hilfsplan in der Corona-Krise gewinnt an Fahrt.
Merkel und Macron
Merkel und Macron - POOL/AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Rom fordert ehrgeizigere Pläne - Vier EU-Länder kündigen Gegenentwurf an.

Italien kritisierte das vorgeschlagene 500-Milliarden-Euro-Programm als unzureichend. Auch Gewerkschaften in Deutschland und Frankreich forderten mehr Geld zur Bewältigung der Krise. Vier andere EU-Länder kündigten an, einen Gegenentwurf zur Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu präsentieren.

Der deutsch-französische Plan soll der EU-Kommission erlauben, auf den Finanzmärkten Kredite im Namen der EU aufzunehmen, um einen Wiederaufbaufonds im Volumen von 500 Milliarden Euro zu füllen. Das Geld soll dann als nicht rückzahlbare Zuschüsse aus dem EU-Haushalt an die am stärksten von der Corona-Krise betroffenen EU-Länder fliessen, darunter Italien.

Der Plan ist allerdings in Europa umstritten. Dabei treffen Forderungen nach mehr Unterstützung für betroffene Staaten auf Warnungen vor einer Schuldenaufnahme und Kritik an der Auszahlung der Finanzmittel als Zuschüsse.

Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte befürwortete am Mittwoch in einem Gastbeitrag auf der Website «Politico» das von Frankreich und Deutschland vorgeschlagene 500-Milliarden-Euro-Programm als «einen mutigen und bedeutenden Schritt». Es müsse aber «noch viel mehr getan werden».

«Wenn wir zulassen, dass die Corona-Krise die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede in der EU vergrössert, werden wir die Flammen des Nationalismus anfachen und die langfristigen Spaltungen in unserer Union vergrössern», betonte Conte.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und fünf grosse französische Gewerkschaften kritisierten den deutsch-französischen Hilfsplan als unzureichend. Das Wiederaufbauprogramm der EU solle auf der Initiative von Merkel und Macron aufbauen, aber über das darin vorgeschlagene Hilfsvolumen von 500 Milliarden Euro hinausgehen, hiess es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Gewerkschaften, die am Mittwoch von der französischen Zeitung «Le Monde» veröffentlicht wurde.

Widerstand gegen den deutsch-französischen Plan regt sich auch in anderen EU-Ländern, die es weiterhin ablehnen, dass von der EU-Kommission Schulden aufgenommen werden, die dann als nicht rückzahlbare Finanzhilfen an betroffene Staaten weitergereicht werden. Die Niederlande, Österreich, Dänemark und Schweden kündigten an, einen Alternativvorschlag zu präsentieren.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte, zwar müsse Solidarität mit den besonders schwer von der Krise getroffenen Staaten gezeigt werden. Dafür seien aber Kredite der richtige Weg, nicht Zuschüsse. Merkel und Macron hätten «einen wichtigen Beitrag zur Diskussion geleistet», sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Der Alternativplan der vier EU-Länder werde den Ländern, die von den EU-Hilfen profitieren, aber verbindlichere Reformzusagen abverlangen. Ein Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Gegenvorschlags steht noch nicht fest.

Die für Regionalhilfen zuständige EU-Kommissarin Elisa Ferreira warnte die Gruppe der «sparsamen Vier» um Österreich davor, die Lage zu unterschätzen. Die Hälfte ihrer Exporte gingen auf den EU-Markt. «Dessen muss man sich bewusst sein.»

Die EU-Kommission will ihren eigenen Vorschlag am Mittwoch kommender Woche vorstellen. Sie strebt bei ihrem «Wiederaufbauinstrument» ein höheres Volumen von mindestens einer Billion Euro an und setzt dabei auf eine Mischung aus Zuschüssen und Krediten. Die Kommission will ein wirtschaftliches Auseinanderdriften der Mitgliedstaaten verhindern. Die Krise dürfe nicht als «grosse Fragmentierung» Europas in Erinnerung bleiben, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Mittwoch.

Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) nannte es einen «echten Durchbruch, dass Frankreich und wir in Europa Verantwortung mit dem Corona-Fonds übernehmen». Er rechnet trotz der Kritik an der deutsch-französischen Initiative damit, dass der Hilfsplan zur Grundlage einer Einigung in der gesamten EU wird. Er sei «sehr optimistisch, dass wir eine Einigung erzielen werden», sagte der Minister der Zeitung «Die Welt».

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