FDP betont Eigenständigkeit in der deutschen «Ampel»-Koalition
Die deutschen Liberalen haben beim traditionellen Dreikönigstreffen ihre Eigenständigkeit auch in der mit Sozialdemokraten und Grünen eingegangenen «Ampel»-Koalition betont.

Das Wichtigste in Kürze
- «Wir sind nicht Teil irgendeines Lagers, sondern bleiben eine eigenständige politische Partei», sagte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner am Donnerstag in Stuttgart.
Der kommissarische FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai betonte: «Das ist eine Koalition und keine Fusion.»
Lindner versicherte zugleich, die Freien Demokraten hätten kein Interesse daran, sich «von CDU und CSU zu entfremden». Er wies unter anderem darauf hin, dass die FDP in Nordrhein-Westfalen nach der Wahl im Mai die Koalition mit den Christdemokraten fortsetzen wolle.
Einen klaren Wink in Richtung Grüne gab Lindner in der Migrationspolitik. «Ich weiss, dass viele die Erwartungen haben, dass sich insbesondere bei der humanitären Zuwanderung nach Deutschland viel tut», sagte er. «Aber klar muss sein, dass diese Bereitschaft zu mehr humanitärer Verantwortung untrennbar verbunden bleiben muss damit, dass Deutschland tragfähige und in der Praxis funktionierende Rückführungs- und Migrationsabkommen mit anderen Staaten schliesst.»
Eine neue, auch liberal geprägte Einwanderungspolitik müsse die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen unbürokratisch nach Deutschland kommen könnten. «Auf der anderen Seite muss sie aber stärker darauf setzen, dass jene, die keinen Platz bei uns haben, auch wieder in ihre alte Heimat zurückgeführt werden können», sagte Lindner.
Wer also jetzt schnell Fortschritte bei qualifizierter Einwanderung und humanitärer Zuwanderung erzielen wolle, müsse auch Tempo machen bei tragfähigen Migrationsabkommen. Er schlage vor, dass der dafür im Koalitionsvertrag vorgesehene Sonderbeauftragte sehr rasch in den kommenden Wochen benannt werde.
Lindner, der auch Bundesfinanzminister ist, verteidigte seinen umstrittenen Nachtragshaushalt von 60 Milliarden Euro als «kraftvolles Signal der Handlungsfähigkeit». Trotzdem werde man die ursprünglich für 2021 geplante Kreditaufnahme reduzieren können. Es werde möglich sein, «mehr als zehn Milliarden Euro weniger an neuen Krediten aufzunehmen als die alte Koalition es tatsächlich vorgesehen hat». 2023 wolle die «Ampel»-Koalition zurück zur der verfassungsmässig festgeschriebenen Schuldenbremse, nach der die Nettokreditaufnahme des Bundes 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreiten darf.
Pandemiebedingt fand das Dreikönigstreffen zum zweiten Mal in Folge als Online-Veranstaltung statt. Im Stuttgarter Opernhaus, das sonst am 6. Januar bis auf den letzten Platz voll mit FDP-Anhängern ist, versammelte sich nur die FDP-Spitze. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Hans-Ulrich Rülke, sprach von einem «Geisterspiel».
Seit mehr als 140 Jahren starten die Liberalen am 6. Januar im deutschen Südwesten politisch in das neue Jahr. 1866 hatte sich ein Vorläufer der FDP, die Württembergische Volkspartei, in Stuttgart zur ersten «Dreikönigsparade» getroffen.
Die FDP (Freie Demokratische Partei) wurde in Westdeutschland 1948 gegründet. Sie war in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik an fast allen Bundesregierungen als kleinerer Koalitionspartner beteiligt. In den vergangenen 24 Jahren sass sie meistens auf der Oppositionsbank und flog 2013 sogar für eine Legislaturperiode aus dem Bundestag. Seit Dezember ist sie Teil einer «Ampel»-Koalition mit Sozialdemokraten und Grünen unter Kanzler Olaf Scholz (SPD).