Mehrere Experten und Menschenrechtsorganisationen haben auf die unmenschlichen Zustände in griechischen Flüchtlingslagern hingewiesen.
Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos
Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Experten und Hilfsorganisationen kritisieren die Zustände der Flüchtlingslager auf Lesbos.
  • Sie sprechen von menschenunwürdigen Bedingungen.

Experten und Menschenrechtsorganisationen haben vor Weihnachten auf die unerträglichen Zustände in griechischen Flüchtlingslagern hingewiesen. Manche Kinder dort seien inzwischen so verzweifelt, dass sie nicht mehr weiterleben wollten, sagte die Kinderpsychologin Katrin Glatz-Brubakk, die im Camp Kara Tepe auf Lesbos arbeitet, am Mittwoch dem Deutschlandfunk. «Ich wäre lieber von einer Bombe in Syrien gestorben, als langsam hier jeden Tag ein bisschen zu sterben», hätten dort manche Flüchtlinge gesagt.

Die Psychologin der Organisation Ärzte ohne Grenzen warf den Behörden vor, die Geflüchteten unter menschenunwürdigen Bedingungen unterzubringen. «Es gibt keine Sanitäranlagen. Das heisst, es gibt Menschen im Lager, die haben seit drei Monaten nicht duschen können», sagte Glatz-Brubakk. «Die Toiletten kippen um im starken Wind und da fliesst der Inhalt raus», für Kinder gebe es weder Schulen noch Spielmöglichkeiten.

Flüchtlingslager auf Lesbos
Migranten gehen am 14. Okotber nach starken Regenfällen durch das Flüchtlingslager «Kara Tepe». - dpa

Die Hilfsorganisation medico international veröffentlichte einen Brief von Geflüchteten auf Lesbos an die EU-Kommission und an die Bürgerinnen und Bürger Europas, in denen diese darum baten, «uns die Rechte zu gewähren, die Tiere haben». In dem Schreiben heisst es demnach: «Oft lesen und hören wir, dass wir in diesen Lagern wie Tiere leben müssen, aber wir denken, dass das nicht stimmt. Wir haben die Gesetze zum Schutz der Tiere in Europa studiert und herausgefunden, dass sie sogar mehr Rechte haben als wir».

«Menschen gehen gehen psychisch wie physisch buchstäblich vor die Hunde»

«Die Menschen in den Aufnahmelagern gehen psychisch wie physisch buchstäblich vor die Hunde», sagte der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, der «Heilbronner Stimme» vom Mittwoch. Er verwies auf das Angebot von rund 200 Kommunen in Deutschland, die sich bereit erklärt haben, Schutzsuchende über die bisherigen Kontingente hinaus aufzunehmen. «Die Kapazitäten sind vorhanden», betonte Burkhardt. Er warf der europäischen Politik vor, es gehe ihr nicht um einen menschlichen Umgang mit Flüchtlingen, sondern nur um deren Abschreckung.

Unicef-Foto des Jahres 2020 - 1. Platz
Undatiert: Das «Unicef-Foto des Jahres» zeigt Kinder, die aus dem brennenden Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos fliehen. Das Bild des griechischen Fotografen Angelos Tzortzinis halte die Tapferkeit, Fassungslosigkeit und Hilfsbereitschaft von Kindern angesichts höchster Not in einer bewegenden Momentaufnahme fest, erklärte das UN-Kinderhilfswerk am 22.12.2020. Foto: Angelos Tzortzinis, Griechenland/AFP via Unicef Deutschland - dpa

Auf den griechischen Inseln sind weiterhin mehr als 17'000 Menschen Geflüchtete untergebracht. Im Lager Kara Tepe, das nach dem Brand des Camps Moria auf Lesbos eingerichtet wurde, befinden sich etwa 7500 Menschen. Vor rund einer Woche hatten knapp 250 Bundestagsabgeordnete in einem fraktionsübergreifenden «Weihnachtsappell» die Bundesregierung aufgerufen, zusätzliche Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen. Auch in diesem Appell wird auf die Aufnahmeangebote der Kommunen und mehrerer Bundesländer Bezug genommen.

Die deutsche Integrations-Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) nannte die Berichte über die Lage in den griechischen Camps «beunruhigend». «Es muss auch mit Blick auf den drohenden Wintereinbruch alles daran gesetzt werden, um den Menschen vor Ort zu helfen», erklärte sie in Berlin. Dazu zähle der Bau menschenwürdiger und sicherer Unterkünfte. Widmann-Mauz begrüsste auch die erfolgte Aufnahme einiger besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge in Deutschland.

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