Wer homosexuelle oder transsexuelle Menschen mit einer «Konversionstherapie» umzupolen versucht, muss künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr rechnen.
Homosexualiät
Händchenhalten in Weimar - dpa/dpa/picture-alliance/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Spahn: Behandlungen schaffen «schweres körperliches und seelisches Leid».

Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch einem Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu, der das Anbieten, Bewerben oder Vermitteln solcher Behandlungen unter Strafe stellt. «Homosexualität ist keine Krankheit, daher ist schon der Begriff Therapie irreführend», erklärte Spahn. «Ein Verbot ist auch ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen an alle, die mit ihrer Homosexualität hadern: Es ist okay, so wie du bist.»

Ziel des neuen Gesetzes sei es, die Pseudo-Therapien «so weit wie möglich zu verbieten», erklärte Spahn. «Wo sie durchgeführt werden, entsteht oft schweres körperliches und seelisches Leid.» In Kraft treten soll es voraussichtlich Mitte kommenden Jahres. Nach Schätzungen des Ministeriums werden in Deutschland jährlich etwa 2000 solcher Behandlungen angewendet.

Das Gesetz sieht empfindliche Strafen vor: Wer gegen das Verbot von «Konversionsbehandlungen» verstösst, muss mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe rechnen. Bei Verstössen gegen das Verbot des Bewerbens, Anbietens und Vermittelns können Bussgelder bis zu 30.000 Euro verhängt werden.

Das Verbot gilt für alle - also nicht nur für Menschen, die berufsmässig handeln. Auch Eltern können «bei gröblicher Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht bestraft werden», betonte das Ministerium.

«Konversionsbehandlungen» an Minderjährigen sollen generell verboten werden; an Volljährigen sollen sie verboten werden, wenn deren Einwilligung zur Behandlung auf einem «Willensmangel» beruht - also etwa auf Zwang, Drohungen, Täuschung oder Irrtum.

Gegenüber einem früheren Entwurf hat Spahn die Kabinettsvorlage noch einmal verschärft. Ausnahmen des Verbots für Heranwachsende wurden gestrichen. «Wir haben das Verbot noch schärfer gefasst», sagte der Minister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Das Behandlungsverbot gilt laut Gesetzentwurf ausdrücklich nicht für Behandlungen bei Störungen der Sexualpräferenz wie etwa Pädophilie oder Exhibitionismus. Bei seelsorgerischen und psychotherapeutischen Gesprächen gilt es nur dann, wenn die Gesprächspartner «zielgerichtet Einfluss zu nehmen versuchen auf die sexuelle Orientierung», wie das Ministerium mitteilte.

Spahns Ministerium rechtfertigte das Verbot mit den potenziellen Schäden der «Therapien». Es wies darauf hin, dass «keine der bekannten Studien den Schluss zulässt, dass die sexuelle Orientierung dauerhaft verändert werden kann». Wissenschaftlich nachgewiesen seien hingegen «schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch solche 'Therapien' wie Depressionen, Angsterkrankungen, Verlust sexueller Gefühle und ein erhöhtes Suizidrisiko.»

Der Koalitionspartner SPD äusserte den Wunsch nach einem noch weiter gehenden Verbot. «Ich würde mir ein umfassendes Verbot der sogenannten Konversionstherapie auch für Erwachsene wünschen, das ist allerdings rechtlich schwer umsetzbar», erklärte Fraktionsvizechefin Bärbel Bas. «Wir werden den jetzt vorliegenden Kabinettsentwurf juristisch genau prüfen.»

Die Weltgesundheitsorganisation hat bereits förmlich erklärt, dass Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit keine Krankheit seien und keine Indikation für eine 'Therapie' bestehe. Der Weltärztebund hatte 2013 die «Konversionstherapien» als Menschenrechtsverletzung und als mit der Ethik ärztlichen Handelns unvereinbar verurteilt.

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