Bund und Länder streiten über Finanzierung von Nachfolger für Neun-Euro-Ticket
Vor der Sonderkonferenz der Verkehrsministerinnen und -minister am Montag gibt es Streit über die Finanzierung eines Nachfolgers für das Ende August ausgelaufene Neun-Euro-Ticket.

Das Wichtigste in Kürze
- Mecklenburg-Vorpommern signalisiert Kompromissbereitschaft.
Die Länder fordern mehr Unterstützung vom Bund, Mecklenburg-Vorpommern signalisierte allerdings Kompromissbereitschaft. Der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP), rief die Länder am Wochenende zu Finanzierungsvorschlägen eines vom Bund unterstützten «Deutschlandtickets» auf.
Bis Mitte Oktober wollen Bund und Länder herausfinden, ob es ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket geben kann, wie das «Handelsblatt» am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise berichtete. Bei der Sonderkonferenz am Montag solle dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Auf der nächsten regulären Verkehrsministerkonferenz im Oktober soll die Arbeitsgruppe demnach einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten.
Vor zwei Wochen hatte die Ampel-Koalition angekündigt, sich mit 1,5 Milliarden Euro im Jahr an einem Nachfolgermodell für das populäre Neun-Euro-Ticket beteiligen zu wollen - wenn die Länder ihrerseits zur Finanzierung beitragen. Das bundesweite Ticket solle dann zwischen 49 und 69 Euro im Monat kosten.
Doch wie mehrere Medien berichten, stellen die Länder eine Bedingung: Sie wollen angesichts der gestiegenen allgemeinen Kosten für dieses und das nächste Jahr jeweils 1,65 Milliarden Euro extra vom Bund. So sagte etwa die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) der «Welt am Sonntag», es könne nicht sein, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) «sich nur an einem Preissignal beteiligt, und dann ist es für ihn erledigt mit dem ÖPNV».
Gegenüber dem Nachrichtenportal «The Pioneer» (Montag) bekräftigte sie, dass der Bund seiner Verantwortung für den Nahverkehr nachkommen müsse. Die Länder wollten eine Einigung, sagte sie. «Es reicht jedoch nicht, wenn der Bund hier 1,5 Milliarden Euro ins Schaufenster stellt.»
Ihre Kollegin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), gab sich dagegen kompromissbereit. «Wir sind klar für eine Anschlusslösung gemeinsam mit dem Bund und stehen als Land bereit für eine Mitfinanzierung», sagte sie dem Portal. «Bund und Länder müssen das jetzt gemeinsam stemmen.»
Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) sagte, er habe «grosses Interesse» an einer Fortführung eines bundeseinheitlichen Tickets.
Bahn-Beauftragter Theurer betonte, dass der Bund nicht zuständig sei und dennoch die anderthalb Millionen Euro im Jahr dazugeben wolle. Die Länder sollten «dieses Angebot unvoreingenommen prüfen und konstruktive eigene Finanzierungsvorschläge machen», forderte er im «Handelsblatt».
Verkehrsminister Wissing selbst zeigte sich optimistisch. «Ich bin überzeugt, dass wir am 1. Januar ein bundesweit gültiges und einfach zu buchendes, digitales ÖPNV-Ticket zu einem attraktiven Preis haben werden», sagte er der «Welt am Sonntag». Er lehne eine Verknüpfung mit der Frage zusätzlicher Bundesmittel für den Nahverkehr ab.
«Selbstverständlich bin ich offen dafür, dass der ÖPNV auch in Zukunft bedarfsgerecht von Bund und Ländern gemeinsam finanziert wird», sagte Wissing. Aktuell stelle sich aber ganz dringend die Frage nach dem neuen Deutschlandticket, «weil es die Bürger im Nahverkehr bei den Preissteigerungen massiv entlasten kann und gleichzeitig einen echten Anreiz für die Nutzung des ÖPNV darstellt.»
Die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace forderten am Sonntag ein Klimaticket, das höchstens einen Euro am Tag kosten solle. Zur Gegenfinanzierung wollen sie das Dienstwagenprivileg reformieren.
Berlin führt ab Oktober als erstes Bundesland ein eigenes 29-Euro-Ticket ein, das im gesamten Stadtgebiet gilt. Es soll aber nur die Zeit bis zu einem bundesweiten Ticket überbrücken, wie der Senat ankündigte.