Wahlen 2019: Werden jetzt Schweizer Boris Johnsons gewählt?
Hauptsache unkonventionell, Fakten sind vernachlässigbar: Macht Boris Johnson die schrägen Politfiguren auch bei den Schweizer Wahlen 2019 salonfähig?

Das Wichtigste in Kürze
- Mit Boris Johnson wird ein unkonventioneller Politiker Regierungschef.
- Werden provokante Figuren damit auch bei den Wahlen 2019 wählbarer?
- Die Antwort heisst jein, denn die Schweiz ist – einmal mehr – anders.
Jetzt ist er Premierminister des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland: Boris Johnson (55), Rabauke mit Oxford-Abschluss in klassischer Altertumswissenschaft.
Seine Statur, seine Frisur, seine Frohnatur machen ihn zum sympathischen Kumpel. Gemäss Kritikern ist er aber ein moralisch bankrottes Schlitzohr, ein misslungener Trump-Klon, ein Narzist und selbstsüchtiger Soziopath. Wiederholt sieht er sich mit Vorwürfen konfrontiert, er sei ein Rassist, Lügner und habe kriminelle Freunde.
Einfluss auf Schweizer Wahlen 2019
A propos Trump: Boris Johnson ist zwar einzigartig, aber kein Einzelfall. Er setzt den Trend zu unkonventionellen Figuren in höchsten Ämtern fort. Donald Trump in den USA, Matteo Salvini in Italien, Heinz-Christian Strache in Österreich oder Rodrigo Duterte auf den Philippinen: Die Polteri haben Konjunktur. Werden sie aber auch salonfähig und damit bei den Wahlen 2019 hierzulande wählbar?

Oder ist man umgekehrt versucht zu sagen: Wir haben ja jetzt schon einiges gesehen, einer mehr oder weniger beeindruckt jetzt auch nicht mehr. «Das ist gut möglich, dass Leute sagen: Das ist halt der Zeitgeist», findet FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann. Als Präsident der Parlamentsdelegation für Kontakte zur EU hat er sich gerade eben in Helsinki mit europäischen Amtskollegen ausgetauscht. Überleben werde dieser Polit-Stil nicht, auch an Auftrieb für Populisten mag Portmann nicht glauben.
Boris Johnson als schlechtes Beispiel
Auch wenn Boris Johnson trotz seiner unflätigen Art jetzt Herr über 66 Millionen Einwohner ist: Das mache Seinesgleichen nicht akzeptabler. «Im Gegenteil», prognostiziert Portmann, «Boris Johnson könnte sein Land entzweien, das Parlament wie das Volk. Das wird in der Schweiz eher abschrecken.»

Auftrieb hätten bei den Wahlen 2019 wenn schon Parteien und Vertreter «mit vernünftigen, kompromissbereiten Positionen», und das links wie rechts. Die Anspielung zielt auf Exponenten der SVP wie der Gewerkschaften. Ist das purer Zweckoptimismus für die Wahlen 2019 oder schlicht ein Seitenhieb an missliebige Figuren? Wie auch immer: Die Johnsons, Salvinis oder auch Straches der Schweiz haben auch aus einem anderen Grund geringere Chancen auf höhere Weihen.
Langweilig (oft), aber gut (meistens)
In Grossbritannien wird Premierminister, wer Chef der wählerstärksten Partei ist. Diesen Chef bestimmen aber nicht die Wähler, sondern die Partei selbst – also ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung. In Italien und Österreich ernennen die Wahlsieger ihre Minister.
In der Schweiz aber wählt das Parlament die Bundesräte. Und Politiker wollen ja nicht, dass ihnen ein anderer Politiker vor dem Scheinwerferlicht steht und die besseren Sprüche klopft. Kollegial, überparteilich akzeptiert und kompetent sollten die Landesmütter und -väter sein.
Gewählt werden nicht schillernden Blender, sondern dossierfeste Schaffer, gut vernetzte Langweiler und solche, die ausserhalb ihres Landesteils kaum bekannt sind. Die prätentiösen Schlauberger dürfen sich allenfalls im Parlament austoben. Und Sie dürfen sich jetzt selber ausmalen, wer bei beiden Beschreibungen wohl gemeint sein könnte.
