Unter 30-Jährige sollen keine IV mehr erhalten
Vor allem wegen psychischen Erkrankungen nimmt die Zahl der jungen IV-Bezüger zu. Der Vorstand der IV-Stellen-Konferenz will nun Gegensteuer geben.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine IV-Rente soll nur noch erhalten, wer über 30-jährig ist, fordern die IV-Stellen.
- Grund dafür ist, dass immer mehr Junge wegen psychischen Problemen die Leistung beziehen.
- Es soll stattdessen eine andere Entschädigung geben, die tiefer ausfallen würde.
Keine IV-Rente mehr für unter 30-Jährige: Mit dieser Idee will die IV-Stellen-Konferenz (IVSK) gegen die zunehmende Zahl der jungen IV-Renten-Bezüger vorgehen. Viele von ihnen leiden an psychischen Problemen.
Konkret beziehen laut neusten Zahlen 7399 Menschen zwischen 18 und 24 Jahren eine IV-Rente wegen psychischen Problemen. Diese Erkrankungen machen damit zwei Drittel aller IV-Rentner in dieser Altersgruppe aus.
IV-Stellen wollen andere Entschädigung statt Rente für Junge
In der SRF-«Rundschau» bringt die IVSK deswegen nun neue Massnahmen ins Spiel. Vizepräsident Thomas Pfiffner sagt, unter 30-Jährige sollen keine IV-Rente mehr erhalten. Stattdessen schlägt er vor, eine andere Entschädigung auszuzahlen.
Diese wäre dann tiefer und an Bedingungen geknüpft. Betroffene müssten sich beispielsweise an Integrationsmassnahmen beteiligen und sich behandeln lassen.
Pfiffner argumentiert: «Vonseiten IV wäre das ein grosser Unterschied zur Rente: Wir würden das Dossier offen halten und diese Person in einem aktiven Case-Management weiter begleiten.»
Psychologe: «Nicht mehr Kranke, aber mehr behandelte Kranke»
Psychologe Niklas Baer macht die aktuelle Entwicklung ebenfalls Sorgen. Rund zehn Prozent der Bevölkerung werden wegen psychischer Probleme behandelt. «Das ist eine gewaltige Steigerung gegenüber früher», so der Experte für Arbeitsintegration.

Gleichzeitig hält Baer fest: «Wir haben nicht mehr Kranke, wir haben mehr behandelte Kranke. Und das ist ein Fortschritt.»
Aber es gebe halt immer ein gewisses Risiko, dass man sagt: «Nein, er kann nicht oder sie kann nicht.» Man könne eine Art «Medikalisierung von Alltagsproblemen» beobachten, ist der Experte überzeugt. Deshalb würden sich letztlich immer mehr Junge bei der IV melden.
Befristete Renten als weitere Massnahme
Und nicht nur bei den Jungen will die IVSK ansetzen. Allgemein sei problematisch, dass IV-Rentner kaum mehr zurück ins Erwerbsleben finden. Thomas Pfiffner spricht vom «Hauptmangel» des Systems.
Denn die Hürden, jemandem eine IV-Rente zu entziehen, seien hoch. Pfiffner erklärt: «Es braucht eine Verbesserung des Gesundheitszustands. Und der ist schwierig zu belegen, wenn der Versicherte das nicht will.»
Die Lösung sollen nun befristete Renten sein. Beispielsweise könnte die Leistung vorerst nur für drei Jahre gesprochen werden.