UKW bleibt – Nationalrat stimmt gegen Abschaltung
Radiosender dürfen weiterhin über UKW senden. Der Nationalrat sprach sich überraschend gegen die komplette Abschaltung aus.

Der Schweizer Nationalrat hat eine überraschende Wendung in der UKW-Debatte vollzogen. Er sprach sich deutlich gegen die für Ende 2026 geplante komplette Abschaltung aus.
Mit 124 zu 62 Stimmen bei acht Enthaltungen votierten die Abgeordneten für UKW-Erhalt, berichtet «Digitec». Die Parlamentarier wollen die bestehenden UKW-Konzessionen verlängern oder neu ausschreiben lassen.
Die parlamentarische Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen hatte bereits im Vorfeld argumentiert, dass eine Abschaltung die privaten Radiosender gefährden könnte. Ein Zwang zur Umstellung auf DAB+ sei nicht hinnehmbar, da viele Autoradios noch kein digitales Radio empfangen könnten.
Kontroverse um Hörerschaftsverluste nach SRG-Abschaltung
Ein zentrales Argument der UKW-Befürworter sind die angeblichen Verluste der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft nach deren UKW-Abschaltung. Die Ratsmehrheit behauptet, die SRG habe seit der Abschaltung ihrer UKW-Sender 25 Prozent ihrer Hörerschaft verloren.
Die SRG selbst sprach laut «Heise» im April von einem Marktanteilsverlust ihrer Radioprogramme von lediglich 6 Prozent. Das liege im Rahmen der Erwartungen, und mit 53 Prozent Marktanteil bleibe man weiterhin Marktführer im Schweizer Radiomarkt.

Die unterschiedlichen Zahlenangaben verdeutlichen die Unsicherheit über die tatsächlichen Auswirkungen der digitalen Transformation. Die SRG geht davon aus, dass sich die Nutzungszahlen mit der fortschreitenden Digitalisierung wieder erholen werden.
UKW bleibt: Widerstand aus verschiedenen Lagern
Nicht alle Akteure der Radiobranche begrüssen die parlamentarische Entscheidung zur UKW-Verlängerung. Die Union nicht-gewinnorientierter Lokalradios (UNIKOM) kritisiert den Nationalratsbeschluss scharf und sieht sich durch die Entscheidung im Regen stehen gelassen.
UNIKOM argumentiert, dass DAB+-Radios ihre Investitionen und Geschäftsmodelle darauf ausgerichtet hätten, dass UKW Ende 2026 eingestellt wird. Der Verband fordert Rechtsgleichheit und Planungssicherheit, da Radiobetreiber, die rechtzeitig auf DAB+ umgestellt haben, klar benachteiligt wären.

Auch Bundesrat Albert Rösti stellte sich gegen eine weitere Verlängerung von UKW, so «Digitec». Falls das Parlament die Motion annehme, werde der Bundesrat aus Gründen der Gleichbehandlung die UKW-Konzessionen neu ausschreiben.
Lange Geschichte der Terminverschiebungen
Die aktuelle Debatte ist Teil einer langen Geschichte von Terminverschiebungen. Die Schweizer Regierung hatte bereits 2017 das UKW-Ende beschlossen.
Geplant waren Abschalttermine für die SRG im August 2022, wie «Heise» berichtet. Diese Termine wurden mehrfach verschoben, zuletzt auf Ende 2026.
Paradoxerweise waren es gerade die Privatsender, die früher UKW-Abschaltung forderten. Hohe Verbreitungskosten waren der Grund für ihre damalige Haltung, doch nun kämpfen sie für den Erhalt der analogen Übertragungstechnik.
Digitalisierung trotz UKW-Debatte weit fortgeschritten
Die Digitalisierung des Radiokonsums in der Schweiz ist bereits weit fortgeschritten. Der Bundesrat führte an, dass über 90 Prozent digital hören, so «Digitalfernsehen».

Die Regierung warnte vor aufwändigen Ausschreibungsverfahren bei UKW-Neuvergabe. Beträchtliche Investitionen in veraltete Übertragungstechnik wären nötig.
Der Ständerat muss nun über die Zukunft von UKW entscheiden. Das letzte Wort zur finalen UKW-Abschaltung ist noch nicht gesprochen.