Um ihrer Haltung zum «Asylchaos» Glaubwürdigkeit zu verschaffen, zitiert die SVP in ihrer Wahlkampf-Zeitung Medien. Nur: Die Zitate sind frei erfunden.
SVP Wahlen 2019 Extrablatt
Die SVP um Christoph Blocher nimmt es in ihrer Wahlkampf-Zeitung nicht so genau mit der sauberen Zitierung von Medien. - Keystone/svp.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die SVP flutet die Schweizer Briefkästen mit ihrer Wahlkampf-Zeitung «Extra-Blatt».
  • In der Zürcher Ausgabe sind im Zusammenhang mit dem «Asylchaos» auch Medien zitiert.
  • Die Aussagen wurden von den betroffenen Medien NZZ und Nau aber nie gemacht.

In diesen Tagen wird das ganze Land mit Post von der SVP beglückt. Das «Extra-Blatt» der Sünneli-Partei flattert mit einer Auflage von über drei Millionen Exemplaren in alle Schweizer Haushalte.

SVP Wahlen 2019 Zeitung
So sieht die SVP-Wahlkampfzeitung «Extrablatt» aus, die in diesen Tagen in alle Schweizer Haushalte gestreut wird. - zvg/svp.ch

Der Inhalt überrascht wenig: Kampf gegen Rahmenabkommen und «EU-Trickser» im Bundeshaus, Propaganda für die «Begrenzungs-Initiative» und jede Menge Gastbeiträge der Parteiprominenz.

Erfundene Zitate in Wahlkampfzeitung der SVP

In der Zürcher Ausgabe werden für die Kampagne auch Medien eingebunden. Unter dem Titel «Fakten zum Eritrea-Chaos» verwendet die SVP angebliche Zitate aus Artikeln von Nau und «NZZ», um ihrer Haltung Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Diese sind jedoch frei erfunden.

SVP Eritrea Wahlen 2019
Das Zitat über das«Eritrea-Asylchaos», das Nau zugeschrieben wird, ist von der SVP frei erfunden. - Screenshot Extrablatt SVP

So soll etwa Nau am 8. Juli 2019 geschrieben haben: «Viele Eritreer fallen negativ auf. Sie plündern unsere Sozialwerke: Die Sozialhilfequote unter Eritreern beträgt fast 90 Prozent.» Tatsächlich erschien an diesem Datum ein Artikel zum Thema.

Das angebliche Zitat existiert allerdings nicht – weder als Einschätzung des Journalisten, als Aussage der befragten SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann noch als Leserkommentar.

Auch beim Verweis auf die NZZ nimmt es die SVP nicht so genau. Natürlich ist am 1. August keine NZZ erschienen, nur ein Online-Artikel. Auch würde die NZZ kaum Formulierungen wie «Gleis-Killer» verwenden.

SVP: «Es handelt sich ja nicht um ein direktes Zitat»

Silvia Bär, stellvertretende Generalsekretärin der SVP Schweiz, sagt dazu: «Die Quelle Nau.ch vom 8.7.2019 wird nur angegeben in Bezug auf die Zahl 90% der Eritreer. Es handelt sich ja nicht um ein direktes Zitat.»

SVP Silvia Bär Wahlen
Silvia Bär, die stellvertretende Generalsekretärin der SVP, sieht kein Problem in der fantasievollen Zitierung von Medien. Hier spricht sie mit Fraktionschef Thomas Aeschi. - Keystone

Schliesslich seien keine Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt worden. Sie erachtet das Ganze als eine «Aussage» der SVP mit Verweis auf die Zahl, die im Artikel erwähnt wurde.

«Fakt» basiert auf Aussage der SVP

Nur: Die Aussage, dass 90 Prozent der Eritreer Sozialhilfe beziehen, ist im Artikel SVP-Frau Steinemann zugeschrieben. Das Staatssekretariat für Migration widerspricht diesen Zahlen im entsprechenden Vorstoss und rechnet mit einem deutlich tieferen Wert.

Bär, die bei der SVP als graue Eminenz im Hintergrund gilt, will sich dazu nicht weiter äussern.

Nau-Chefredaktor Micha Zbinden erklärt: «Nau ist politisch neutral und steht für faktenbasierten Journalismus. Die Aktion schadet unserer Glaubwürdigkeit.»

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