Ständeräte fordern Einschränkungen für Sterbehilfe — Exit wehrt sich
Nach dem umstrittenen Einsatz der Suizidkapsel «Sarco» steht die Schweizer Sterbehilfe wieder im Fokus. Der Ständerat will nun klare Richtlinien definieren.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Sterbehilfe steht nach dem «Sarco»-Vorfall 2024 wieder im Fokus.
- Der Ständerat fordert nun ein Rahmengesetz mit mehr Einschränkungen.
- Sterbehilfeorganisationen wehren sich vehement dagegen.
Die Schweizer Sterbehilfe ist seit Jahren sehr liberal geregelt — nun möchte der Ständerat neue Leitplanken setzen. Auslöser ist der umstrittene Einsatz der Suizidkapsel «Sarco».
Diese wurde im Sommer 2024 vom australischen Freitodaktivisten Philip Nitschke in die Schweiz gebracht. Im darauffolgenden September sorgte die Schlagzeile «Frau stirbt in verbotener Sarco-Kapsel» für Aufsehen.
Nach dem Freitod der US-Amerikanerin in einem Waldstück bei Schaffhausen steigt der politische Druck. Die Rechtskommission des Ständerats fordert nun ein Rahmengesetz.
Die darin festgelegten Voraussetzungen zur Sterbehilfe sollen eine klare Prüfung des Sterbewunsches sicherstellen. Die Tätigkeiten der Sterbehilfeorganisationen sollen ausserdem mit einer Aufsichtsbehörde überwacht werden.
Exit und Dignitas schlagen Alarm
Grosse Schweizer Sterbehilfeorganisationen wehren sich vehement gegen die Verschärfungen. Exit wirft den Ständeräten einen Rückschritt vor. Man wolle mit der neuen Regelung das «Rad der Zeit» zurückdrehen, so die Organisation in der «NZZ».
Die Organisationen sehen in den Vorschlägen eine massive Gefahr für die Selbstbestimmung.
Sie warnen vor Beispielen aus dem Ausland, wo schwerkranke Menschen unmenschliche Hürden überwinden müssten. Lange Bewilligungsverfahren oder gar der Gang zum Notar seien «bevormundende Bedingungen».
Dignitas geht noch weiter: Die Organisation vermutet die gezielte Einflussnahme kirchlich-konservativer Kreise. Die Selbstbestimmung der Bürger sei «klerikal und bevormundend eingestellten Kräften» ein Dorn im Auge, zitiert die Zeitung.
Kantone wollen Klarheit
Doch der Wunsch nach Regeln kommt nicht nur von konservativen Stimmen. Auch einzelne Kantone wünschen sich eine klare gesetzliche Grundlage.
So auch die Staatsanwaltschaft Genf, die nach einem umstrittenen Fall von assistiertem Suizid im Jahr 2017 für klarere Regeln plädierte.
Damals sorgte ein Arzt für Diskussionen. Er hatte einer gesunden 86-Jährigen das Medikament Pentobarbital verabreicht, damit sie mit ihrem kranken Mann sterben konnte. 2024 wurde der Arzt mangels klarer Gesetzlage vom Bundesgericht freigesprochen.
Bundesrat winkt ab
Der Bundesrat selbst lehnt ein Rahmengesetz ab. Die heutige Rechtslage sei ausreichend, heisst es in seiner Antwort an die Rechtskommission.
Die steigende Zahl von assistierten Suiziden sei angesichts der alternden Bevölkerung erklärbar — und könnte sogar noch weiter ansteigen. Die Zuständigkeit für Regelungen sieht der Bund grundsätzlich bei den Kantonen.
Dass in den letzten Jahren mehrere neue Sterbehilfeorganisationen gegründet wurden, beunruhigt den Bundesrat ebenfalls nicht. Ein Handlungsbedarf sei seitens Bundesratnicht vorhanden.
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Brauchst du Hilfe?
Bist du selbst depressiv oder hast du Suizidgedanken? Dann kontaktiere bitte umgehend die Dargebotene Hand (www.143.ch).
Unter der kostenlosen Hotline 143 erhältst du anonym und rund um die Uhr Hilfe. Die Berater können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich.
Für Kinder oder Jugendliche steht die Notrufnummer 147 zur Verfügung.
Hilfe für Suizidbetroffene: www.trauernetz.ch