Schweizer kämpfen gegen IS und für Ukraine – bald straffrei?
Vorstösse aus SVP und SP wollen Schweizer Kämpfer in fremden Diensten straffrei ausgehen lassen – aber mit einem Unterschied.
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Das Wichtigste in Kürze
- Fremder Militärdienst ist in der Schweiz verboten.
- Vorstösse fordern nun Straffreiheit: für Kämpfer gegen den IS bzw. in der Ukraine
- Gegenseitig will man die Vorstösse aber nur bedingt unterstützen.
Vom Gesetz her ist der Fall klar: Schweizer Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht in fremde Militärdienste eintreten. Wer trotzdem zum Beispiel in der französischen Fremdenlegion anheuert, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. So wie der Schaffhauser Avi Motola, der von der ukrainischen Armee als Scharfschütze eingesetzt wird.

Unabhängig voneinander haben die Nationalräte Lukas Reimann (SVP/SG) und Jon Pult (SP/GR) Vorstösse eingereicht, die hier eine Ausnahme machen wollen. Reimann spezifisch für Schweizer Kämpfer gegen den IS, zum Beispiel in Syrien.
Pult sorgt sich um Schweizer, die in der Ukraine gegen Russland kämpfen. Doch einig sind sie sich nur fast.
Zweimal dasselbe und doch nicht gleich
Und dies, obwohl es eigentlich aufs Gleiche herauskommt, auch wenn die juristische Bezeichnung anders ist: Beim Kampf gegen den IS wäre es eine «Rehabilitation», weil der Kampf abgeschlossen ist. Beim Ukraine-Krieg wäre es eine Amnestie – hier ist der Kampf ja noch im Gang.
«Der IS ist eine gefährliche Terrororganisation», auch nach expliziter Definition der Schweiz, betont Lukas Reimann. Die Schweizer vor Ort hätten ihre Familie und ihr Leben retten müssen und darum gegen den IS gekämpft. «Es ist nichts als richtig, wenn man auch diese Personen rehabilitiert, die gegen den IS und die Islamisierung gekämpft haben.»

Reimann verweist auf frühere solche Rehabilitationen: Für die Schweizer im Kampf gegen das Franco-Regime in Spanien oder in der französischen Résistance im Zweiten Weltkrieg. Gleiches Recht auch für Schweizer Kämpfer auf Seiten der Ukraine gelten zu lassen, lehnt er aber ab.
Einerseits befürchtet er, dass es so eine Motivation schaffe, dass einige Personen erst recht dort in den Krieg zögen. «Der zweite Unterschied ist natürlich, dass Russland nicht eine verbotene Terrororganisation ist.» Als neutrales Land könne man sich nicht auf die eine oder andere Seite stellen.
SPler Pult: «Riskieren ihr Leben»
Dem widerspricht SPler Jon Pult: Klar sei fremder Militärdienst verboten, aber in der Ukraine werde ja nicht nur die Bevölkerung der Ukraine verteidigt. «Sondern die Kernwerte der Eidgenossenschaft und des Völkerrechts, die Freiheit und die Demokratie.» Wenn jemand dafür sein Leben riskiere, solle der Schweizer Staat die Grösse haben, ihnen zu verzeihen.
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Und die Neutralität? «Das kann ich also nicht ganz ernst nehmen», findet Pult und sieht bei Kollege Reimann vielmehr ein anderes Problem: «Er hat in seiner Partei viele Leute, die Sympathie haben für Russland, darum kann er sich nicht klar positionieren.»
Er hingegen werde auch dem Vorstoss von Lukas Reimann zustimmen. «Denn er hat recht: Auch die Leute aus der Schweiz, die gegen den IS gekämpft haben, haben das auch zur Verteidigung demokratischer Werte getan.» So wie in der Ukraine gegen den, wie er es nennt, «russischen Staatsterror» gekämpft werde.
Dass so ein Anreiz entstehen könnte, sich selbst eher für einen Kriegseinsatz in der Ukraine zu motivieren, sei dagegen absurd. «Ich glaube nicht, dass Leute, die bereits sind, ihr Leben zu riskieren, von maximal drei Jahren Gefängnis abgeschreckt werden.»