Reformpläne zur Überwachung der Telekommunikation fallen durch

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Bern,

Die Pläne des Bundesrates zur Überwachung von Post- und Fernmeldeverkehrs wurden in der Vernehmlassung abgelehnt.

Telekommunikation
In der Teilrevision geht es nach Angaben des Bundesrats um eine «klare Definition für die Kategorien der Mitwirkungspflichten». (Archivbild) - dpa

Reformpläne des Bundesrats zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs sind in der Vernehmlassung durchgefallen: Sämtliche grossen Parteien, welche sich dazu äussern, lehnen das Vorhaben ab.

Grüne, SP, Grünliberale, FDP und SVP sprechen in ihren Stellungnahmen von gefährdetem Datenschutz, einer Gefährdung des Innovationsstandorts Schweiz, von unverhältnismässigen Eingriffen des Staats und unklaren Auswirkungen der geplanten Verordnungsänderungen.

Die Grünliberalen und die FDP sehen die geplanten Änderungen auch im Widerspruch zu geltendem Recht. Die Mitte-Partei verzichtete auf eine Stellungnahme. Auch Organisationen wie die Digitale Gesellschaft Schweiz und Firmen wie der Schweizer Messenger-Dienst Threema kritisieren die Pläne.

Der Bundesrat schickte die Teilrevisionen zweier Ausführungserlasse Ende Januar in die Vernehmlassung. Sie ging am Dienstag zu Ende. Dabei geht es nach Angaben des Bundesrats um eine «klare Definition für die Kategorien der Mitwirkungspflichten» der Anbieterinnen von Kommunikationsdiensten beispielsweise bei von Behörden bewilligten Überwachungen im Rahmen eines Strafverfahrens.

Betroffen sind davon vor allem klassische Telekommunikationsdienste wie Swisscom, Sunrise und Salt, aber auch Dienstleister, die ohne eigene Infrastruktur Kommunikationsdienste erbringen, also etwa Messaging-, VoIP-, VPN-, Cloud- oder E-Mail-Dienste wie zum Beispiel Whatsapp, Threema, Protonmail oder Skype.

Letztere sollen mit der Revision neu in drei Gruppen mit verschiedenen Pflichten eingeteilt werden, je nach Nutzerzahl und Umsatz. Damit will der Bund laut seinen Aussagen eine «ausgewogenere Abstufung der Pflichten» erreichen.

Bund sieht Einführung neuer Auskunfts- und Überwachungstypen vor

Neu müssten somit bereits Firmen, die eine Dienstleistung für 5000 Nutzerinnen und Nutzer betreiben, letztere mittels Speichern der IP-Adresse identifizieren können, kritisieren die Grünen. Unternehmen mit mehr als einer Million Nutzern wären verpflichtet, während sechs Monaten Randdaten wie etwa die Geo-Lokalisierung von Kundinnen und Kunden zu speichern.

Diese «enorm ausgeweitete Vorratsdatenspeicherung» verunmögliche das Betreiben von sicheren Messenger- oder Maildiensten und sei «ein massiver Eingriff» in die Privatsphäre. Für die SVP hat die Neufestlegung der Pflichten «offensichtlich das Potenzial», eine Reihe von KMU zu belasten statt sie zu entlasten.

Der Bund sieht auch die Einführung neuer Auskunfts- und Überwachungstypen vor. Er schreibt, die beiden Verordnungsrevisionen sähen grundsätzlich die Pflicht zur Entfernung der Verschlüsselung vor. Ausgenommen seien davon aber End-to-End-Verschlüsselungen wie zum Beispiel Messenger-Dienste.

In der Sendung «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens sagte kürzlich der stellvertretende Leiter des Diensts Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs des Bundes, Jean-Louis Biberstein, die Vorgaben für die Dienstleister würden nicht verschärft. Sie würden präzisiert.

Eine Firma wie Threema hätte nach der Revision dieselben Pflichten wie bisher. Dem widerspricht Threema in einer Stellungnahme von Ende April an verschiedene Medien. Die VÜPF-Revision würde das Unternehmen zwingen, den Grundsatz «nur so wenige Daten wie technisch erforderlich erheben» aufzuheben.

Auch der Schweizer Internetdienstleister Proton schrieb der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage, die Vorschläge des Bundesrats würden die staatliche Überwachung «massiv ausdehnen». Der Verein «Digitale Gesellschaft Schweiz» spricht in seiner Stellungnahme von einem «schwerwiegender Angriff auf Grundrechte, KMU und Rechtsstaat».

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