Räte wollen bei PFAS Interessen der Landwirtschaft berücksichtigen

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Bern,

Das Parlament fordert, dass bei der Festlegung von PFAS-Grenzwerten neben Umwelt- und Gesundheitsrisiken auch wirtschaftliche Aspekte einbezogen werden.

PFAS Landwirtschaft
Bei der Festlegung von PFAS-Grenzwerten soll das Parlament neben Umwelt- und Gesundheitsrisiken auch wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigen. (Symbolbild) - keystone

Das Parlament will bei der Festlegung von Grenzwerten für PFAS nebst den Risiken für Umwelt und Gesundheit auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt sehen. Auch soll nach seinem Willen der Bund Bauernbetriebe finanziell unterstützen, deren Produkte zu hohe Werte der sogenannten Ewigkeitschemikalien aufweisen.

Der Nationalrat nahm am Dienstag eine Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S) bezüglich der Grenzwerte an. Den entsprechenden Punkt des Vorstosses hiess er mit 129 zu 61 Stimmen bei vier Enthaltungen gut. Im Auge hat die Motion namentlich die Auswirkungen von Grenzwerten auf Landwirtschaft und Wasserversorger.

Die kleine Kammer hatte dem Vorstoss bereits im Juni zugestimmt. Weil der Nationalrat in einigen Punkten Änderungen vornahm, muss sie sich nun nochmals mit der Sache befassen.

Bei den Änderungen geht es zum einen um das Verhältnis zum EU-Recht betreffend per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Der Ständerat möchte, dass die Schweiz eigene Regeln erlässt, statt die EU-Trinkwasserrichtlinie zu übernehmen. In der Version des Nationalrats müsste der Bundesrat eine eigenständige Regelung lediglich prüfen. Zudem möchte die grosse Kammer im Sinne der Vorsorge den Bundesrat beauftragen, die Verwendung von PFAS einzuschränken, wo dies möglich ist.

Nationalrat entscheidet über acht Fraktionsmotionen

Der Nationalrat fällte seinen Entscheid in einer Sonderdebatte zum Thema PFAS. In deren Rahmen hatte er über nicht weniger als acht Motionen aus allen Fraktionen zu befinden.

Dabei sprach sich die grosse Kammer auch dafür aus, dass der Bund Bauernbetriebe finanziell unterstützt, deren Produkte zu hohe Werte der sogenannten Ewigkeitschemikalien aufweisen. Er nahm eine entsprechende Motion von Mike Egger (SVP/SG) mit 137 zu 53 Stimmen bei fünf Enthaltungen an. Die Kommissionsmotion sieht in dieser Frage lediglich vor, dass der Bundesrat Massnahmen prüfen soll.

Angenommen wurden auch zwei Motionen aus den Reihen der FDP für eine PFAS-Deklarationspflicht und dafür, dass der Bund nachhaltige Chemikalien stärker fördern soll. Gut hiess der Rat auch einen Vorstoss von Thomas Rechsteiner (Mitte/AI). Dieser fordert, dass auch die Auswirkungen neuer Grenzwerte auf die Industrie abgefedert werden. Auch jene Vorstösse gehen an den Ständerat.

Keine Mehrheit fanden dagegen Vorstösse aus den Reihen der Ratslinken und der GLP. Barbara Schaffner (GLP/ZH) verlangte sektorspezifische Absenkpfade für den Einsatz von PFAS. Martine Docourt (SP/NE) wollte die Verwendung von PFAS auf wesentliche Verwendungszwecke beschränken, während Marionna Schlatter (Grüne/ZH) den Vorschlag machte, eine Abgabe auf die Chemikalien zu erheben, um auf diese Weise zukünftige Kosten zu decken. Die drei Vorstösse sind vom Tisch.

PFAS: Umweltgefährdende Chemikalien mit unklaren Gesundheitsrisiken

Bei PFAS handelt es sich um eine Gruppe von mehreren tausend synthetischen Chemikalien, die in zahlreichen Alltagsprodukten verarbeitet sind. Sie sind in der Umwelt nahezu nicht abbaubar und reichern sich daher in Organismen an – auch im menschlichen Körper. Bisher wurde weniger als ein Prozent aller PFAS auf gesundheitliche Auswirkungen untersucht.

Die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) schreibt in einem Faktenblatt, die Stoffe könnten krebserregend sein und die Fortpflanzung gefährden, wenn sie über mehrere Jahre hinweg wiederholt aufgenommen würden.

Hintergrund der Motion der Urek-S ist, dass 2024 im Kanton St. Gallen zahlreiche mit PFAS belastete Flächen entdeckt wurden. Als erste Massnahme wurde in einigen Landwirtschaftsbetrieben der Verkauf von Fleisch gestoppt. Als Grund für die Belastung der Böden wird das Austragen von mit den Chemikalien belastetem Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen vermutet.

Komplette Sanierungen der mit PFAS belasteteten Böden seien nicht finanzierbar, sagte Nicolò Paganini (Mitte/SG) namens der vorberatenden Kommission. Die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe sollten das Problem nicht alleine ausbaden. Paganini vertrat die Ansicht, bei den Grenzwerten gebe es «keine absoluten Wahrheiten». So seien diese beispielsweise für Wildfleisch höher als für Rindfleisch.

Ratslinke gegen Lockerung der Grenzwerte

Gegen eine Aufweichung der Grenzwerte stellte sich die Ratslinke. Sie befürchtete, dass der Schutz von Gesundheit und Umwelt beeinträchtigt werde könnte. Auch vertrat sie die Ansicht, es habe sich bewährt, das Schweizer Chemikalienrecht auf jenes der EU abzustimmen.

Hasan Candan (SP/LU) wies in einer Zwischenfrage darauf hin, dass es bei Annahme der Kommissionsmotion künftig erlaubt sein könnte, kontaminiertes Fleisch mit nicht-kontaminiertem zu vermischen und zu verkaufen. Ein solches Mischen wäre auch beim Trinkwasser möglich. Marionna Schlatter verwies auf die hohen Kosten bei Sanierungen.

Schon im Vorfeld der Debatte hatte die Umweltorganisation WWF gewarnt, der Nationalrat drohe vor wirtschaftlichen Sonderinteressen einzuknicken. «Betroffene Betriebe brauchen Unterstützung – aber nicht auf Kosten der Allgemeinheit», schrieb sie.

Der Bundesrat empfahl lediglich die Kommissionsmotion zur Annahme. Umweltminister Albert Rösti verwies auf die bereits laufenden Arbeiten zum Thema PFAS. Die Forderung nach einer Deklarationspflicht etwa sei teilweise schon erfüllt. Man wolle aber keinen «Swiss Finish», sondern in Koordination mit der EU Regeln erlassen

Kommentare

User #1573 (nicht angemeldet)

MAN KANN SCHREIBEN WAS MAN WILL ,DENN ES WIRD GELÖSCHT ! PFAS DAS GIFT IST ZUM HEILIGTUM GEWORDEN FÜR DIE POLITIKER-LÜGEN !! die böden sind vergiftet worden von den bauern und jetzt wollen sie noch geld dafür ?

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