Nationalrat will ausländische Investitionen künftig vertieft prüfen
Ausländische Investoren sollen in der Schweiz künftig höhere Hürden vorfinden. Der Nationalrat ist am Dienstag als Erstrat auf eine entsprechende Vorlage eingetreten. Umstritten ist, wie weit die neuen Bestimmungen im Investitionsprüfgesetz gehen sollen.
Mit 143 zu 46 Stimmen bei 2 Enthaltungen sagte die grosse Kammer im Grundsatz Ja zur sogenannten «Lex China» und folgte damit dem Antrag ihrer Wirtschaftskommission (WAK-N). Das Parlament hatte die Vorlage mit der Überweisung einer Motion von Ständerat Beat Rieder (Mitte/VS) angestossen. Anlass war unter anderem die Übernahme des Schweizer Agrochemie-Riesen Syngenta durch den Staatskonzern Chem China für 43 Milliarden Dollar.
Das Investitionsprüfgesetz soll verhindern, dass Schweizer Unternehmen von ausländischen Investoren übernommen werden, wenn dies die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit gefährden oder bedrohen könnte. Ausländische Investitionen blieben mit dem Investitionsprüfgesetz grundsätzlich erlaubt, unterstünden aber neu einer Genehmigungspflicht. Bei Sicherheitsbedenken könnte der Staat intervenieren.
Kommissionssprecherin Jacqueline Badran (SP/ZH) hielt im Namen der Mehrheit fest, dass 80 bis 90 Prozent der OECD-Länder seit Längerem Investitionskontrollen durchführten. Die Schweiz mit den höchsten Direktinvestitionen pro Kopf müsse nun nachziehen.
«Staaten versuchen vermehrt, Finanz- und Energiegüter zu beeinflussen», sagte Cédric Wermuth (AG) als Sprecher der SP-Fraktion. Das mache auch die Schweiz «verwundbar und erpressbar».
Kritik an neuen Bestimmungen
Laut Balthasar Glättli (Grüne/ZH) können ausländische Investitionen dazu dienen, die Situation in einem Land zu destabilisieren. Dem müsse Einhalt geboten werden. Es brauche deshalb Investitionskontrollen.
«Schützen wir die Schweizer Bevölkerung und die Schweizer Wirtschaft», gab Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) im Namen seiner Fraktion zu bedenken. Die Vorlage sei ausgewogen. «Wir reden nicht von einem Verbot von Investitionen, sondern nur von einer Kontrolle und einer Genehmigung».
Die Schweiz dürfe nicht als Standort für Umgehungsinvestitionen dienen, sagte Kathrin Bertschy (GLP/BE). Die Grünliberalen begrüssten nach anfänglicher Kritik die Vorlage.
Grundsätzliche Bedenken äusserten die FDP-, ein Teil der SVP-Fraktion und der Bundesrat. Sie wollten nicht auf die Vorlage eintreten. Die Gegnerinnen und Gegner zweifelten am Nutzen eines Investitionsprüfgesetzes. Vielmehr gefährde das Instrument den Wohlstand und erhöhe die Bürokratie. Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) sprach von einem «Abbau der freien Eigentümerrechte».
«Das Gesetz schiesst über das Ziel hinaus und ist protektionistisch», sagte Marcel Dobler (FDP/SG) für seine Fraktion. Studien zeigten, dass die Investitionen mit dem Instrument einer Investitionskontrolle um bis um 16 Prozent zurückgingen. Vor allem kleine KMU wären davon negativ betroffen.
Bundesrat gegen neue Regelungen
Dazu komme, dass bis heute keine ausländische Übernahme bekannt sei, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Schweiz gefährdet hätte. Bei kritischen Infrastrukturen habe die öffentliche Hand bereits die Kontrolle.
Auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin vertrat die Ansicht, dass es keine Investitionsprüfung brauche. Der Bundesrat halte die bisherigen Regeln für genügend.
Nun diskutiert der Nationalrat die Details der Vorlage. Der Bundesrat schlug eine im internationalen Vergleich defensive Investitionskontrolle vor.
Die Mehrheit der zuständigen Nationalratskommission möchte jedoch weiter gehen. Unter anderem will sie die Investitionsprüfung auch bei nichtstaatlichen Investoren anwenden.