Im letzten Jahr sind die Fallzahlen in der Sozialhilfe der Schweiz leicht zurückgegangen. Allerdings dürfte das ein vorübergehendes Phänomen sein.
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Obdachlose Menschen müssen bei der Sozialhilfe angemeldet sein, wenn sie Hilfe bei der Lösung des Problems wollen. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • 2021 sind die Fallzahlen in der Sozialhilfe der Schweiz leicht zurückgegangen.
  • Zu den Gründen zählt unter anderem der Abreitskräftemangel.
  • Allerdings dürfte das ein vorübergehendes Phänomen sein.

Insgesamt nahmen die Fallzahlen in der Sozialhilfe im vergangenen Jahr gegenüber 2019 um 1,4 Prozentpunkte ab. Dies hielt die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) am Mittwoch bei der Präsentation ihres Fallzahlen-Monitorings festhielt. Seit dem Sommer 2021 sanken sie ausser in gewissen Regionen unter den Durchschnitt von 2019. Somit bestätigte sich der befürchtete Anstieg durch die Covid-19-Pandemie nicht.

In konkreten Zahlen waren 2020 etwa 271'000 Personen von der Sozialhilfe abhängig. Die absolute Zahl 2021 lässt sich nur annähernd beziffern, denn die Meldesysteme unterscheiden sich. Mit dem festgestellten Rückgang sank ihre Zahl demnach auf etwa 268'000. Die Skos erhebt die Fallzahlen seit 2020 landesweit.

Allerdings gab es regional starke Unterschiede in der Entwicklung der Fallzahlen. So stieg die Zahl der unterstützten Personen im Kanton Genf um sieben Prozent und in der Stadt Luzern um fünf. Grund ist der Rückgang des internationalen Tourismus.

Arbeitskräftemangel führte zu Chancen

Gerade für Personen mit tieferen beruflichen Qualifikationen bot der Arbeitskräftemangel Chancen für einen Einstieg in den ersten, den normalen Stellenmarkt. Die Skos vereinbarte denn auch im Dezember mit dem Arbeitgeber- und dem Gewerbeverband eine verstärkte Reintegration dieses Personenkreises.

Hinzu kommt eine Bildungsoffensive, denn der Einstieg in den Arbeitsmarkt soll nicht an mangelnden Computer- oder anderen Kenntnissen scheitern. Allen ohne ausreichenden Berufsabschluss sollen Weiterbildungen offen stehen. Personen in Armut sollen Zugang zur Digitalisierung erhalten – in Form von Geräten und Ausbildungen.

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Das Anmeldeformular für Sozialhilfe. (Symbolbild) - Keystone

Den Grund für den Rückgang sieht die Skos neben der positiven wirtschaftlichen Entwicklung auch im Ausbau der vorgelagerten Sozialwerke. Darunter fallen der Ausbau der Taggelder in der Arbeitslosenversicherung, die Kurzarbeit und der Corona-Erwerbsersatz, erklärte Geschäftsführer Markus Kaufmann.

Darüber hinaus vermutet die Skos aufgrund verschärfter Ausländerbestimmungen und der Pflicht zur Rückerstattung viele Nichtbezüge. Zudem lebten aktuell viele Betroffene noch von den Reserven. Viele verzichteten auch auf den Bezug von Sozialhilfe, weil sie negative Folgen befürchten.

Viele Unsicherheiten für die Zukunft

Insgesamt sieht sich die Sozialhilfe grossen Herausforderungen und Unsicherheiten ausgesetzt. Noch im Sommer rechnete die Skos mit einer Zunahme der Fälle um 13,9 Prozent bis 2023. Diese Zahl dürfte zu hoch liegen, eine neue Schätzung gibt es im Sommer, wie Kaufmann sagte.

Die erwartete Zunahme basiert auf der hohen Zahl der Langzeitarbeitslosen und dem Wegfall der Corona-Hilfen in den vorgelagerten Sozialversicherungen. Selbständig Erwerbende, die derzeit von Reserven zehren, stellen eine weitere Unsicherheit dar.

Auch weiss niemand, wie sich die Lage bei Long-Covid-Erkrankungen und psychischen Pandemie-Folgen entwickelt. Hier sieht die Skos allerdings die Invalidenversicherung in der Pflicht.

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