Glättli geht: Das sind die «weiblicheren & jüngeren» Nachfolgerinnen
Das Wichtigste in Kürze
- Mit dem Rücktritt von Balthasar Glättli suchen die Grünen ein neues Präsidium.
- Es soll weiblicher und jünger sein.
- Wer sitzt auf dem Kandidatinnen-Karussell? Durchaus auch Männer.
Für viele überraschend kam der Rücktritt gestern dann doch noch: Wegen der Niederlage bei den Wahlen 2023 tritt Balthasar Glättli nicht zur Wiederwahl als Parteipräsident der Grünen an. Im April werden die Grünen deshalb ein neues Präsidium bestimmen. Wenn es nach Glättli ginge, soll es ein Co-Präsidium sein, das sowohl weiblicher als auch jünger als der 51-jährige Zürcher sein solle.
Alles andere als mindestens eine Frau an der Spitze der Öko-Partei wäre auch ein Affront gegenüber den gewählten Parlamentarierinnen. Denn sie stellen – wie schon vor vier Jahren – die Mehrheit in der Fraktion der Grünen. Nach Möglichkeit sollte das Co-Präsidium auch aus verschiedenen Sprachregionen stammen. Trotz Wahlniederlage: Diesbezüglich können die Grünen immerhin eine Auswahl anbieten.
Eine namhafte Persönlichkeit ist allerdings schon aus dem Rennen: Lisa Mazzone (35), die in Genf die Wiederwahl in den Ständerat nicht schaffte. Sie wäre andernfalls ein sehr kompetentes, sprachgewandtes und auch bei alten weissen Männern parteiübergreifend akzeptiertes Aushängeschild der Grünen gewesen. Folgende Personen sitzen aber auf dem Kandidaten-Karussell noch fest im Sattel:
Aline Trede
Die Fraktionspräsidentin ist allein schon aufgrund ihres Amtes in der Pole-Position. Mit 40 Jahren ist sie politisch betrachtet noch jung, mit ihrem aufmüpfigen Auftreten ist sie längst «Arena»-tauglich und landesweit bekannt. Sie ist sowohl in der Partei wie auch im Bundeshaus sehr gut vernetzt, spricht auch gut Französisch. Ihr Nachteil: Sie ist zweimal «nur» nachgerutscht und nur 2023 regulär in den Nationalrat gewählt worden.
Céline Vara
Sogar ein Jahr jünger als Trede und trotzdem schon zum zweiten Mal glanzvoll als Neuenburger Ständerätin gewählt. Und dies, obwohl sie quasi eine «klassische Grüne» ist und entsprechend in den Ausschüssen von Mieterverband und Pro Natura sitzt. Als Ständerätin könnte sie auch etwas mehr Ressourcen aufwenden für ein Parteipräsidium.
Marionna Schlatter
Gestern wurde sie 43 Jahre alt und ist innerhalb der Fraktion der Grünen ein Schwergewicht, das auch mal als Kampagnenzugpferd vorgeschickt wird. Zum Beispiel beim Thema Kampfjets kann die Sicherheitspolitikerin aus dem Vollen schöpfen. Nebst der Sicherheitskommission sitzt sie aber gleich auch noch in der Verkehrskommission und deckt so ein breites Spektrum an Dossiers ab. Dabei könnte sie sich auch noch für andere Interessen einsetzen, als passionierte Pilzkontrolleurin.
Greta Gysin
Die Tessinerin, die auch als Deutschschweizerin durchgeht. Sie gilt als ambitioniert und versteht sich sehr gut mit der gleichaltrigen Aline Trede. In einem Co-Präsidium müsste sie sich aber wohl ein Gschpänli aus der Romandie suchen. Zum Beispiel einen Mann.
Fabien Fivaz
Zum Beispiel den Neuenburger Fabien Fivaz. Dieser ist offenbar fraktionsintern bereits der offizielle Romandie-Sprecher, jedenfalls ist er in dieser Funktion neben Trede und Glättli aufgetreten. Fivaz hat sich als Sicherheitspolitiker engagiert und ist Präsident der nationalrätlichen Wissenschafts- und Bildungskommission. Sein Manko: Mit Jahrgang 1978 trägt er nicht eben viel zur Vorgabe «jünger als Glättli» bei.
Franziska Ryser
Die Maschineningenieurin ist mit Jahrgang 1991 die Jüngste in der Bundeshausfraktion, aber nicht minder ambitioniert. Ryser hat im Kanton Sankt Gallen ein beachtliches Resultat eingefahren bei den Nationalratswahlen: Knapp hinter den dominierenden SVPlern und gleichauf mit Bauernpräsident Markus Ritter. Sie ging gar als Panaschierkönigin aus dem Rennen hervor. Die grüne Nachwuchshoffnung hofft indes auf Nachwuchs: Anfang Monat wurde bekannt, dass sie schwanger ist.
Bastien Girod
Der Evergreen unter den Grünen: Seit 16 Jahren im Nationalrat und trotzdem acht Jahre jünger als Kollege Glättli. Girod gilt zwar als vielbeschäftigt, doch das könne sich ja ändern. Damit ist nun nicht die Trennung von seiner Frau Ellen gemeint, sondern sein Ausstieg bei «South Pole».
Irène Kälin
36 Jahre alt und eigentlich an einem Punkt, wo sie entweder Ständerätin werden oder sich zur Ruhe setzen sollte. Oder ein Co-Präsidium der Grünen übernehmen – immerhin war sie 2022 auch schon mal Präsidentin, aber des Nationalrats und damit höchste Schweizerin. Mit einem Kind im Vorschulalter dürfte sie sich ein zeitintensives Engagement aber zweimal überlegen.
Gerhard Andrey
Last but not least: Der Bundesratskandidat. Warum? Als zweisprachiger Freiburger ist er eh schon ein Co-Präsidium in Personalunion. Als IT-Unternehmer und Handwerker könnte er das neue Gesicht der Grünen sein. Warum nicht? Weil er nur wenig jünger als Glättli ist und überhaupt nicht weiblicher.