Gerhard Pfister

Gerhard Pfister: Bundesrat-Schutzklausel ist «Hochrisikospiel»

Nicola Aerschmann
Nicola Aerschmann

Zürich,

Der Bundesrat will mit einer Schutzklausel gegen zu viel Zuwanderung vorgehen. Dieses Vorgehen könnte der SVP in die Karten spielen, sagt Gerhard Pfister.

Gerhard Pfister
Mitte-Präsident Gerhard Pfister. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die vom Bundesrat ins Spiel gebrachte Schutzklausel kommt nicht überall gut an.
  • Mitte-Präsident Pfister warnt: Der Bundesrat nimmt bei der Zuwanderung viel Risiko.
  • Letztlich könnte die SVP mit ihrer Nachhaltigkeitsinitiative davon profitieren.

Die Zuwanderung bleibt ein umstrittenes Thema. Am vergangenen Mittwoch hat der Bundesrat angekündigt, mit einer Schutzklausel gegen ein zu grosses Ausmass vorgehen zu wollen. Justizminister Beat Jans lobte das Instrument als «Feuerlöscher» – um den man froh sei, wenn es brenne.

Die Regierung erntete für die Idee allerdings Kritik von links bis rechts. «Nichts als Lug und Trug» oder ein «Bschiss erster Güte», liess die SVP verlauten. Es gehe lediglich darum, die Schweizer Bevölkerung mit Blick auf ihre «Nachhaltigkeitsinitiative» (10-Millionen-Initiative) einzulullen, so die Sünneli-Partei.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) findet die Klausel derweil schlicht unnötig, wie er in einer Reaktion schrieb.

Im «SonnTalk» von «TeleZüri» äussert sich nun auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister kritisch. Der Bundesrat spiele «ein hochriskantes Spiel», ist für den Zuger Nationalrat klar.

Gerhard Pfister: Schutzklausel kein wirksames Mittel gegen SVP-Initiative

Denn die Massnahme komme erstens nicht als Gegenvorschlag zur 10-Millionen-Initiative der SVP, sondern als Massnahme im EU-Paket. Der Clou: Über das EU-Paket stimme man wohl erst 2028 ab, über das SVP-Begehren schon 2026.

Gerhard Pfister führt aus: «Wenn der Bundesrat meint, mit diesem Vorschlag wirksam gegen die 10-Millionen-Initiative der SVP antreten zu können, dann täuscht er sich.»

Muss die Schweiz mehr tun, um die Zuwanderung einzuschränken?

Man müsse das Problem der Zuwanderung im Rahmen der SVP-Initiative adressieren, sagt Pfister deshalb. Gleichzeitig müsse man das Aus der Bilateralen vermeiden, wie es die Initiative letztlich vorsehe. Lies: Es braucht wohl einen Gegenvorschlag.

Weiter müsse man die Möglichkeit von Gegenmassnahmen seitens der EU noch genauer anschauen. Vieles ist im Zusammenhang mit dem neuen Vertragswerk noch unklar. Pfisters Fazit zum Bundesratsentscheid: «Er geht aus meiner Sicht ein Hochrisikospiel ein, aber letztlich liegt es in der Verantwortung des Bundesrats.»

Benjamin Giezendanner
SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner. - keystone

«Die Schutzklausel ist nichts anderes als ein Papiertiger», findet derweil der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner. Es gehe lediglich darum, die SVP-Initiative, die bald vors Volk kommen könnte, zu bekämpfen, sagt er im «SonnTalk».

SP-Meyer: Schutzklausel als Kompromiss akzeptabel

So richtig überzeugt von der Schutzklausel ist auch SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer nicht. «Es ist nicht unsere Erfindung», hält sie fest. «Aber wenn sie Teil eines Kompromisses ist, um das EU-Paket durchzubringen, kann ich mit der Schutzklausel leben.»

Zu einem möglichen Gegenvorschlag zur SVP-Initiative, den Pfister ins Spiel brachte, sagt Meyer: «Die Kündigungsinitiative der SVP braucht nur eine Antwort: ein klares Nein von links bis rechts, bis zur FDP

Mattea Meyer
Von links bis rechts: SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer hofft bezüglich der SVP-Nachhaltigkeitsinitiative auf eine Allianz bis zur FDP. Gerhard Pfister warnt jedoch vor Hochmut. - keystone

Gerhard Pfister gibt Meyer recht, dass die Initiative gefährlich sei. Aber genau deshalb brauche es die Diskussion um einen Gegenvorschlag.

Ansonsten drohe ein Déjà-vu: «Es wird die gleiche Tendenz geben, wie bei der Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative, die das Volk angenommen hat.» 2014 erhielt dieses SVP-Begehren an der Urne ein Ja.

Kommentare

User #4008 (nicht angemeldet)

Aktualisierung der Kennzahlen. Die rund 450 Millionen Konsumierenden und 32 Millionen Unternehmen im europäischen Binnenmarkt nehmen heute rund 50 Prozent unserer exportierten Waren ab. Wohin sollen diese Exporte wenn nicht in die EU?

User #3817 (nicht angemeldet)

Warum lernt niemand aus der Vergangenheit? Nachdem der EWR abgelehnt wurde, hat die Regierung uns mitgeteilt dass wir nach fünf Jahren die EG auf den Knien bitten würden, uns aufzunehmen. Der CHF würde zerfallen bis zur Parität mit der DM. Wie immer ist genau das Gegenteil eingetroffen: Das BIP der Schweiz ist seit 1992 um 71% gewachsen, dasjenige der EU um 65%. Als 2002 die Bilateralen in Kraft traten, ging 57% des Schweizer Exports in die EU. 2023 waren es noch 40%. Fazit: Wir brauchen kein Schengen, Bilaterale oder Rahmenverträge. Die ganze Welt treibt blühenden Handel mit der EU OHNE sich dem Diktat des bürokratischen Molochs zu unterwerfen. Und dann das lächerliche Argument «Wir brauchen die ausländischen Arbeitskräfte». Sicher, aber was hindert uns daran, individuelle Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen je nach Bedarf zu erteilen? Die Arbeitswilligen kommen gerne und wenn’s halt schlechter geht, müssen sie wieder gehen. Hat man übrigens beim grounding der Swissair auch so gemacht. 50% der Crossair Piloten waren Ausländer und als der Bedarf nicht mehr vorhanden war, wurde auch die Bewilligungen entzogen (was übrigens die ganze Welt so macht…)

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