Noch mehr Polemik beim Geldspielgesetz: Nachdem die Jungparteien den «Alten» die Kompetenz absprachen, in Sachen Internetsperren den Durchblick zu haben, kam die Standpauke von Autor Bänz Friedli. Das sei polemisch und dumm. Jetzt kommt die Retourkutsche der Geldspielgesetz-Gegner: Friedli habe tatsächlich keine Ahnung.
piratenpartei Jorgo Ananiadis
Nerd und Politiker: Jorgo Ananiadis ist Vizepräsident der Piratenpartei. - smartvote.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Autor und Geldspielgesetz-Befürworter Bänz Friedli zeige wenig Sachkompetenz, heisst es im Nein-Lager.
  • Dieser hatte gewettert, es sei frech, wenn die Jungparteien behaupteten, die «Oldies» hätten keine Ahnung vom Internet.
  • Pirat Jorgo Ananiadis nennt diverse Beispiele, warum Friedli tatsächlich falsch liege und die Jungen somit recht hätten.

Namens der Kulturschaffenden und Sportler warb am Dienstag der Autor Bänz Friedli für das Geldspielgesetz. Ins Visier nahm er dabei auch die Jungparteien: Die Unterstellung, als «Oldie» habe er keine Ahnung, sei naiv und eine Anmassung.

Friedli holte aber gleichzeitig ebenfalls zur Verbalkeule aus. Solches Verhalten sei schnoddrig und der Vergleich mit China und Nordkorea «dumm» und reine Polemik.

Autor Bänz Friedli: «Wenn alle Jungen dafür sind, werde ich misstrauisch» - Nau

Wer kommt jetzt hier nicht draus?

Für die Jungparteien wehrt sich der nicht mehr ganz so junge Jorgo Ananiadis, Jahrgang 1969, Vizepräsident der Piratenpartei und im Bereich Telecom und Informatik tätig. «Auf eine Art kommt ja jeder Mensch bei allem draus», sagt er in versöhnlichem Ton zu Nau. Ein jeder bilde sich – berechtigterweise – seine Meinung auf Grund der ihm verfügbaren Fakten.

«Die Frage ist dann, ob man hier die technischen Grundlagen des Internets und der Zensurinfrastruktur versteht. Und da muss ich sagen: Bänz Friedli kommt nicht draus.» Kleiner Trost für Friedli: Dasselbe gelte für viele der Juristen und Lotterie-Lobbyisten im Bundeshaus. Deshalb müsse er auch schmunzeln, wenn der Vergleich mit der Staatszensur in Diktaturen «dumm» sein soll, sagt Ananiadis: «Das kann man ja nicht ernst nehmen.»

Verlockende Technologie

Entscheidend sei, dass für die im Gesetz vorgesehenen Netzsperren die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden müsse – «flächendeckend bei über 300 Internet-Anbietern und gegen Strafandrohung», betont Ananiadis. «Wenn man mal die Infrastruktur hat, dann besteht die Gefahr von Zensur. Dann sind wir auf der gleichen Ebene wie die Türkei und China.»

Das sei keineswegs Polemik, stellt der Piraten-Vize Ananiadis klar, und verweist auf eine Europakarte des Pro-Komitees, auf der Länder eingezeichnet sind, die bereits Internetsperren im Geldspielbereich kennen (s. Bild).

In dieser vom Pro-Komitee eingefärbten Karte sind die Länder eingezeichnet, die bereits Internetsperren kennen. Nur: Mit der Geografie ist das etwas schwierig.
In dieser vom Pro-Komitee eingefärbten Karte sind die Länder eingezeichnet, die bereits Internetsperren kennen. Nur: Mit der Geografie ist das etwas schwierig. - geldspielgesetz-ja.ch

«Vollkommen unglaubwürdig»

Was als Pro-Argument gedacht ist, verkommt zum Bumerang. «Sie bringen Frankreich und Spanien als Beispiel. Frankreich wollte sogar kritische Wikipedia-Seiten sperren, Spanien hat Websites gesperrt, bei denen es um die Unabhängigkeit von Katalonien ging.»

Kommt dazu: Die Karte ist zumindest mangelhaft. Mallorca, Menorca und Ibiza sind von Spanien unabhängig, bei Estland fehlt fast ein Zehntel seiner Landesfläche, Korfu gehört wohl jetzt zu Albanien und die gesamte Ägäis wird der Türkei zugeschlagen. «Das Pro-Komitee ist meiner Meinung nach vollkommen unglaubwürdig, wenn die offiziellen Dokumente schon so falsch sind», sagt Ananiadis zu Nau.

Mangelnde Kompetenz oder gar Fake News?

Natürlich ist Ananiadis als Geldspielgesetzgegner anderer Meinung als die Befürworter. Die Unstimmigkeiten im Pro-Lager machen ihm aber regelrecht Bauchweh. Sei es Justizministerin Simonetta Sommaruga, die technische Begriffe durcheinanderbringt, oder das Abstimmungsbüchlein mit tendenziösen Informationen: «Falschinformationen.» Das angeblich für Kultur und Sport fehlende Geld: «Das sind ganz klar Fake News.»

Selbst einen flapsigen Vergleich von Bänz Friedli findet Jorgo Ananiadis fragwürdig. Von Nau darauf angesprochen, dass die Netzsperren von technisch versierten Usern mit einem VPN umgangen werden können, meinte dieser, man habe schon immer alles umgehen können: «Wir haben Jahrzehnte vor dem Internet auch unsere Töffli frisiert.» Dass das etwas schwierig sein könnte, wenn das Internet geschaffen wurde, als Friedli 16 Jahre alt war, stört Ananiadis nicht. Aber: «Netzsperren zu umgehen wäre legal, im Gegensatz zum Töffli frisieren! Soviel zur Sachkompetenz von Bänz Friedli.»

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