EU

EU-Gegner zu Jans' Rütli-Vergleich: «Linke in höchster Not»

Nicola Aerschmann
Nicola Aerschmann

Bern,

Bis zur Abstimmung über die EU-Verträge dauert es noch. Der Kampf ist aber längst eröffnet – inklusive viel schweizerischer Symbolik.

Beat Jans
Beat Jans befürwortet die EU-Verträge. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Debatte um die EU-Verträge spielt das Rütli bisher eine prominente Rolle.
  • Befürworter Beat Jans verglich das Paket selbst mit dem Rütlischwur.
  • Ein Akt der Verzweiflung, finden Gegner des Deals – ein Historiker ordnet ein.

Das Rütli stand kürzlich gleich mehrmals im Scheinwerferlicht der Schweizer Politik. Die SVP-Fraktion pilgerte im Rahmen ihres Ausflugs an den historischen Ort. Die Sünneli-Partei nutzte die Gelegenheit, um gegen den sogenannten «EU-Unterwerfungsvertrag» Stimmung zu machen.

Wenig später sorgte dann die Gegenseite für Aufregung rund um das Rütli. Bundesrat Beat Jans verglich die EU-Verträge mit dem Rütlischwur.

Das Paket sei «ein gegenseitiges Versprechen in schwierigen Zeiten – mit Partnern, die gemeinsam vorwärtsgehen wollen».

Sanija Ameti von der Operation Libero unterstrich die Aussage des SP-Bundesrats auf X. Sie schrieb dazu, auf dem Rütli hätten sich die Schweizer Gründerväter verbündet, um für die Freiheit zu kämpfen.

Das sei auch heute notwendig. Ametis Vergleich: «Damals hiessen die Autokraten Habsburger – heute Putin, Xi, Trump & Co.»

Auch Pro Schweiz will «Rütlischwur 2.0», aber gegen EU

Einen anderen Vergleich zieht die Organisation Pro Schweiz, die sich gegen die EU-Verträge positioniert. Vorstandsmitglied Adrian Amstutz sagt gegenüber Nau.ch: «Wie 1291 geht es heute bei den EU-Verträgen um unsere Selbstbestimmung, Souveränität und Freiheit.»

Die Schweiz müsse sich beispielsweise gegen die automatische Rechtsübernahme wehren. «Deshalb braucht es einen ‹Rütlischwur 2.0›, damit die EU-Unterwerfung nach System ‹Gessler 2.0› verhindert werden kann», so der frühere SVP-Fraktionschef Amstutz.

Adrian Amstutz
Adrian Amstutz, Vorstandsmitglied der Organisation Pro Schweiz. - keystone

Dass Jans die EU-Verträge mit dem Rütlischwur vergleicht, zeigt laut Amstutz die Verzweiflung der Befürworter. «Wenn die Linken den Rütlischwur zu Hilfe nehmen, dessen Geschichte sie normalerweise als unwahr verhunzen, dann müssen sie argumentativ in höchster Not sein.»

Die EU solle plötzlich als «europäische Eidgenossenschaft» verkauft werden, beobachtet Amstutz. «Das ist genau das Gegenteil der Realität.»

Auch Ametis Habsburger-Vergleich zieht bei Amstutz nicht. «Ihr Vergleich ist derart abstrus, da ist nicht einmal das Gegenteil richtig», sagt er.

Gegner: EU-Verträge würden Handlungsfreiheit zerstören

Weiter argumentiert Amstutz: «Die Schweiz ist erfolgreich, weil sie weder der EU noch der Nato angehört.» Der EU-Unterwerfungsvertrag würde dagegen die Handlungsfreiheit der Schweiz zerstören.

Befürwortest du die neuen Verträge zwischen der Schweiz und der EU?

Für den Mann von Pro Schweiz ist klar: «Die Freiheit kann man verschenken, zurück kann man sie nur unter grossen Entbehrungen erkämpfen.»

Historiker: Argumentationen haben mit Geschichte nicht viel zu tun

SVP, Jans, Ameti oder Pro Schweiz – Hauptsache Rütli, könnte man sagen. Doch weshalb ist die Bergwiese bei den EU-Verträgen ein so wichtiges Symbol? Und was ist historisch von solchen Vergleichen zu halten?

Historiker André Holenstein spricht gegenüber Nau.ch von «Instrumentalisierungen von mythisch-historischen Versatzstücken für die europapolitische Debatte». Bekannte geschichtliche Ereignisse sollen letztlich das Volk ansprechen und dabei helfen, Stimmen zu gewinnen.

Befürworter und Gegner wollen zeigen, «wie wichtig die Entscheidung über diese Verträge für die heutige Schweiz ist».

Rütlischwur
Der Rütlischwur ist im politischen Diskurs auch heute noch aktuell. - keystone

Allerdings betont der emeritierte Geschichtsprofessor der Universität Bern: «Hier handelt es sich um typische Fälle von Geschichtsgebrauch, der mit der Geschichte selber wenig bis gar nichts zu tun hat.»

Mit den Verweisen auf das Rütli oder auf die Habsburger wolle man lediglich zeigen, dass es um grundlegende Fragen gehe. Holensteins Fazit: «Es handelt sich also um rein rhetorische und keineswegs um historische Argumentationen, mit denen auch Emotionen mobilisiert werden sollen.»

Kommentare

User #4593 (nicht angemeldet)

Zitat Ameti bei Nau: "Sanija Ameti von der Operation Libero unterstrich die Aussage des SP-Bundesrats auf X. Sie schrieb dazu, auf dem Rütli hätten sich die Schweizer Gründerväter verbündet, um für die Freiheit zu kämpfen." Zitat 20min:"Nun will die Zürcher Staatsanwaltschaft Anklage erheben wegen Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit." Wasser predigen, Wein saufen.....

User #4593 (nicht angemeldet)

die Ameti darf jetzt erst mal dem Zürcher Staatsanwalt beantworten, warum sie die Glaubensfreiheit verletzt hat. Dann kann sie dann wieder laue Luft bezüglich Freiheit preisen. Diese Leute sind einfach nur noch paradox!

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