ETH-Studie: Junge, weibliche Kriegsflüchtlinge sind willkommen
Die Solidarität mit Geflüchteten ist seit 2016 in Europa stabil geblieben. Vor allem für junge Frauen sind willkommen, muslimische Männer hingegen weniger.

Das Wichtigste in Kürze
- Die ETH hat die Solidarität mit Geflüchteten in Europa zwischen 2016 und 2022 untersucht.
- Die Forschenden kommen zum Schluss, dass die Unterstützung stabil geblieben ist.
- In der Schweiz hat diese leicht zugenommen – politisch rechts der Mitte stärker als links.
Eine ETH-Studie hat 2016 und 2022 zwei Befragungen in fünfzehn europäischen Ländern – darunter die Schweiz – durchgeführt. Es ging um die Bereitschaft zur Aufnahme von Geflüchteten. Den 33'000 Teilnehmern wurden hypothetische Profile von Asylsuchenden vorgelegt.
Das Ergebnis: Wer ein Mann ist, muss mit einem kühleren Empfang rechnen als eine Frau. Ebenso wer angibt, Muslim zu sein. Wer bekennt, aus ökonomischen Gründen geflüchtet zu sein, büsst noch mehr Akzeptanz ein. Die Einstellung gegenüber ukrainischen Geflüchteten sei deshalb positiver als gegenüber Geflüchteten aus Ländern wie Syrien, Pakistan oder Afghanistan.

In der Schweiz waren die Teilnehmer bereit, 49 Prozent der hypothetischen Asylsuchenden aufzunehmen. Das entspreche dem Mittelfeld aller teilnehmenden Länder, heisst es in der Studie.
Auch nach der zweiten grossen Flüchtlingsbewegung: In den sechs Jahren seit der ersten Befragung hat sich nur wenig verändert in der Einstellung der befragten Personen.
Solidarität mit der Ukraine geht nicht zu Lasten anderer Gruppen
«Wir finden keine Anzeichen dafür, dass die Solidarität gegenüber Geflüchteten abgenommen hat. Die Unterstützung ist heute sogar etwas höher als auf dem Höhepunkt der syrischen Flüchtlingskrise» sagt ETH-Professor Dominik Hangartner. Dies sei erstaunlich, da die bestehende Forschung davon ausgehe, dass die Skepsis in wirtschaftlich angespannten Zeiten eher zunehme.

Die Ergebnisse der Studie widerlegen auch die Befürchtungen, dass die Solidarität mit ukrainischen Flüchtlingen zwangsläufig auf Kosten anderer Gruppen gehe. Die Unterstützung habe nicht abgenommen, insbesondere auch nicht für muslimische Personen. Dies obschon zusätzlich zu den ukrainischen Flüchtlingen die Zahl der Geflüchteten aus anderen Ländern gleich blieb oder gar anstieg.
Auch rechts der Mitte steigt die Unterstützung für Flüchtlinge
Die Forschenden untersuchten ausserdem, inwieweit die Aufnahmebereitschaft von der politischen Einstellung der Befragten abhängt. Wenig überraschend ist die Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, links grösser als rechts.
Befragte, die sich als eher links bezeichnen, waren in der Schweiz 2022 bereit, 65 Prozent der vorgelegten Flüchtlingsprofile aufzunehmen,. Eher rechts der Mitte lag der Wert bei 35 Prozent.
Trotz dieser Unterschiede stieg in ganz Europa die Unterstützung für Flüchtlinge an. Dies gelte sowohl für Befragte des linken (um 6 Prozent) als auch des rechten Spektrums (um 4 Prozent). Bei rechten Befragten stieg sie in der Schweiz mit 4 Prozent sogar stärker als bei linken (3 Prozent).