Der Bund richtet das Projekt «E-Voting» neu aus mit Begleitung von Experten aus Informatik, Kryptografie und Politikwissenschaften. Die E-Voting-Gegner freut’s.
E-Voting
Nicolas A. Rimoldi (l., Kampagnenleiter), Franz Grüter (m., Nationalrat SVP und Präsident des Initiativkomitees) und Prisca Koller (Kantonsrätin FDP) wollen E-Voting den Stecker ziehen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bund startet beim E-Voting eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs.
  • Erst gestern hatten die E-Voting-Gegner ihre Unterschriftensammlung abgebrochen.
  • Der Relaunch sei indes erfreulich, denn ihr Druck habe offensichtlich gewirkt.

Aufgrund von Sicherheitsproblemen war im vergangenen Jahr ein erster grosser Versuch mit E-Voting abgebrochen worden. Im Quellcode des Systems der Schweizerischen Post hatte die internationale Hacker-Szene schwerwiegende Mängel entdeckt. Gestern gab das Initiativkomitee für ein E-Voting-Moratorium bekannt, man müsse Corona-bedingt die Unterschriftensammlung abbrechen. Heute nun teilt die Bundeskanzlei mit, es gebe einen neu ausgerichteten Versuchsbetrieb – Zufall?

Initianten fühlen sich bestätigt

Ein Neustart, im «Dialog mit der Wissenschaft», aber wohl mit den gleichen Partnern. Jetzt sollen in- und ausländischen Experten aus Informatik, Kryptografie und Politikwissenschaften Inputs liefern. Oder einfach ein Deckmäntelchen, jetzt wo der Weg frei ist, dank gescheiterter Volksinitiative? «So schnell arbeiten die Bundesbeamten nicht, dass sie nur einen Tag später reagieren könnten», sagt Nicolas A. Rimoldi, Kampagnenleiter des E-Voting-Moratoriums.

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Nicolas A. Rimoldi setzt sich für die Volksinitiative «Für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie (E-Voting-Moratorium)» ein. - zVg

Seine Interpretation ist eine andere: «Dass sie endlich verstanden haben, wie höchst komplex E-Voting ist. Dank unserer Initiative.» Grundlage soll laut Bundeskanzlei ein ausführlicher Fragebogen von Fachleuten des Bundes und der Kantone sein. Mit diesem sollen die teilnehmenden Experten ihr Wissen sowie Anregungen und Bedenken einbringen.

«Ziel erreicht!»

Dass so jetzt ein Dialog stattfindet, findet Rimoldi schlicht hervorragend: «Ziel erreicht!». Das Vorgehen zeige auch, dass das Anliegen der Initianten berechtigt gewesen sei. «Ohne unseren Druck wäre dieses Umdenken nicht ausgelöst worden. Dank uns gibt es nun einen wissenschaftlichen Prozess!»

Perriard Walter Thurnherr E-Voting
Barbara Perriard, Leiterin der Sektion Politische Rechte, Bundeskanzlei, links, und Walter Thurnherr, Bundeskanzler, rechts, sprechen an der Medienkonferenz zum Thema «Bundesrat beschliesst nächste Schritte zur Ausbreitung der elektronischen Stimmabgabe», am Mittwoch, 5. April 2017, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. - Keystone

Das Einlenken der Bundeskanzlei nimmt er erfreut – und wohl auch mit etwas Genugtuung – zur Kenntnis. «Die Bundeskanzlei hat endlich erkannt, dass noch wesentlich mehr Arbeit nötig ist, um ein E-Voting-System vertrauenswürdig und sicher zu gestalten.»

Nicht nur Blumen für die Bundeskanzlei

Das überparteiliche, IT-affine Komitee hielt E-Voting bislang für unsicher und sah die Demokratie gefährdet. Man behalte sich allerdings vor, bei einem neuerlichen Versuchsbetrieb und anhaltenden Bedenken die Initiative neu zu lancieren. Denn selbst heute gibt es nicht nur Lob für die Bundeskanzlei.

Rimoldis Vertrauen in die Leute rund um Bundeskanzler Walter Thurnherr ist angeschlagen. «Wir haben abbrechen müssen wegen den Corona-Massnahmen, weil ein gangbares Schutzkonzept nicht möglich war. Indem die Bundeskanzlei den Komitees keinerlei Hilfe gewährleistet hat, hat sie massiv der Demokratie geschadet.»

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