Das Nein zu No-Billag führt auch in Deutschland und Österreich zu Aufatmen
Die No-Billag-Abstimmung wurde auch im deutschsprachigen Ausland mit Spannung mitverfolgt. Der Grund dafür ist simpel: auch in Deutschland und Österreich stehen die sogenannten «Öffentlich Rechtlichen» unter Legitimationszwang. Das Ergebnis sorgt vielerorts für Erleichterung.

Die Schweiz kommt gar nicht so schlecht davon
Das Wichtigste in Kürze
- Die Abstimmung zur No-Billag-Initiative wurde in Deutschland und Österreich mit Argusaugen verfolgt.
- Auch in unseren Nachbarländern wird derzeit eine hitzige Debatte geführt.
- Das Nein zur Initiative wird in Medienkreisen mit Genugtuung aufgenommen.
Ein Mann öffnet die Tür und sieht den Tod persönlich davor stehen. Er atmet auf: «Puh! Ich dachte schon, die G.E.Z.!» Der Cartoon von Comiczeichner Ralph Ruthe zeigt in einem einzigen Bild, dass die Schweiz nicht das einzige Land ist, in dem eine zeitweise verbissene Debatte über Medienabgaben und vor allem ihre Legitimation geführt wird. Die Gebühreneinzugszentrale G.E.Z., das deutsche Pendant zur Billag, wurde übrigens bereits 2012 in den «ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice» umgewandelt, ähnlich, wie das auch in der Schweiz geschehen soll. An Haustüren geklingelt werden muss nicht mehr, weil die Gebühr neu pauschal pro Wohnung bezahlt wird, aber die Debatte blieb indes weiter bestehen. Der deutschsprachige Raum befeuert sich dabei sozusagen gegenseitig, weil stets darauf verwiesen werden kann, dass in den jeweils anderen Ländern gerade auch eine Debatte geführt wird.
Derzeit beträgt die Rundfunkgebühr in Deutschland 210 Euro pro Jahr, jedoch könnte der Betrag bis 2021 auf 250 Euro pro Jahr steigen. In Österreich fährt man jetzt schon etwas teurer. Mit rund 263 Euro pro Jahr schlägt die Abgabe zu Buche. Das ist niedriger als die 365 Franken (rund 315 Euro), die wir in der Schweiz ab 2019 bezahlen werden, allerdings nur, wenn man die unterschiedlichen Lohnniveaus ausser Acht lässt. Rechnet man die Gebühr auf das deutsche oder österreichische Lohnniveau um, kommen Herr und Frau Schweizer besser weg. Auf das Schweizer Niveau angepasst würden Österreicherinnen und Österreicher 177 Euro bezahlen (statt 263) und Deutsche 169 Euro (statt 210).
Die Schwerpunkte unterscheiden sich

Die Kontra-Argumente gleichen sich in den drei Ländern: die Abgabe sei zu hoch und in Zeiten des Internets veraltet. Die Pro-Argumente unterscheiden sich leicht: in der Schweiz liegt der Fokus aufgrund unserer Mentalität zu einem grossen Teil auf dem Service Public und den verschiedenen Sprachregionen, ein Aspekt, der in Deutschland und Österreich gänzlich fehlt. Vor allem bei unserem nördlichen Nachbarn macht man sich aufgrund des Aufstiegs der AfD und ihres heftigen Rechtsrutsches Sorgen um die Ausgewogenheit der medialen Berichterstattung im Internetzeitalter.
Interesse ist hoch
Das Interesse am Ausgang der No-Billag-Abstimmung war vor diesem Hintergrund auch im Ausland hoch: die «ARD» machte ihre Aufwartung im Bundeshaus, was bei Schlüsselthemen und -abstimmungen gelegentlich vorkommt, aber auch das «ORF» war vor Ort in Bern - das hat Seltenheitswert. Sowohl «ARD» als auch «ORF» waren um eine neutrale Berichterstattung bemüht, doch die Vorgesetzten der Journalisten vor Ort zeigten sich öffentlich erleichtert. Zitat «ORF: «»Auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz gratulierte ‹Marchand, der SRG und der ganzen Schweiz zum klaren Ergebnis für einen starken Service Public in der Schweiz.› [...] Der ‹ARD›-Vorsitzende Ulrich Wilhelm nannte die Ablehnung der Initiative ‹ein wichtiges Signal für unabhängigen Qualitätsjournalismus auch über die Schweiz hinaus.›»
Die Debatte geht weiter
Die Diskussionen in der Schweiz haben am Abstimmungssonntag zwar ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden, sind aber – wie Gegner und Befürworter der Initiative versichern – noch längst nicht vorüber. Und auch in Deutschland und Österreich, wo man das Ergebnis in Medienkreisen mit Befriedigung zur Kenntnis nimmt, wird weiterdiskutiert werden. In Österreich soll es im Frühling eine «Enquete», also eine parlamentarische Debatte dazu geben. 64% der Deutschen würden gemäss einer Umfrage gerne über die Rundfunkgebühr abstimmen. Das wird aufgrund des politischen Systems nicht geschehen, zeigt aber, wie akut das Thema bleibt. Abschaffen würden «ZDF» und «ARD» übrigens, nach eigenen Angaben, rund 39% der Deutschen. Das Vorhaben wäre also wohl auch ennet des Rheins chancenlos.