Die Fallzahlen des Coronavirus steigen. Kommen die Kantone noch nach, wo sind die Baustellen und wie muss reagiert werden? Dies waren die «Arena»-Fragen.
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Epidemiologe Marcel Salathé appelliert in der SRF-«Arena»: «Wir können alle schon jetzt reagieren.» - SRF-«Arena»
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Das Wichtigste in Kürze

  • Gerät die Lage ausser Kontrolle? Dies war die zentrale Frage der «Arena» vom Freitag.
  • Die Zuschauer wünschen sich, dass der Bundesrat wieder den Lead übernimmt.
  • Der Masken-«Flickenteppich» soll zu einem ganzen Teppich zusammengeführt werden.

Die Tendenz ist klar: Die Coronavirus-Fallzahlen steigen hierzulande wieder rapide an. Waren es am Donnerstag 2600 Fälle, stiegen sie am Freitag um bereits 3000 Neuinfektionen.

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Die Corona-Fallzahlen steigen. - SRF-«Arena»/BAG

Der schnelle Zuwachs an Fällen bringt die Kanton bei der Rückverfolgung an ihre Grenzen. Hinzu kommen unterschiedliche Regelungen bezüglich Maskenpflicht unter den Kantonen. Darum steht in der «Arena» vom Freitagabend eine Frage im Zentrum: Gerät die Lage ausser Kontrolle?

Dazu diskutieren Experten, die es wissen müssen: Etwa Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK oder Epidemiologe Marcel Salathé. Aus Politik dabei waren SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi und FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Zudem auch Urte Scholz, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Uni Zürich.

«Schwierig, nicht von zweiter Welle zu sprechen»

Zu Beginn stellt Salathé gleich klar: «Von den Fallzahlen her ist es in der Tat schwierig, nicht mehr von einer zweiten Welle zu sprechen.» Und aktuell sei die Gefahr gross, dass «wir auf sowas wie einen Lockdown zusteuern». Es bestehe das Risiko, dass bald die Zahl der Hospitalisierungen und Todesfälle nachziehen werden.

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Marcel Salathé, Epidemiologe der ETH Lausanne, in der «Arena». - SRF-«Arena»

Und Engelberger spricht von einer neuen Dynamik, die festzustellen ist. Der Anstieg der Fallzahlen sei in kürzester Zeit gekommen. Dies nach einer kontrollierten Entwicklung im Sommer.

Jetzt seien die Fallzahlen landesweit hoch. Das verlange nach entschlossenen Massnahmen. «Hier sind wir gefordert», so der GDK-Präsident.

Nationalrätin Gysi wünscht sich hingegen mehr vom Bundesrat: «Ich wünsche mir ein gleichmässigeres vorgehen für die ganze Schweiz.» Hier sei der Bundesrat gefordert. Er müsse nun in wesentlichen Fragen wieder vorgeben.

Ähnlich sieht das Zuschauer Ernst Hofer. Zu Beginn sah er noch eine Strategie des Bundes. Doch: «Jetzt sehe ich, dass diese Strategie ausfranselt», kritisiert er.

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Rentner Ernst Hofer.
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Didier Julier kritisiert den Kantonalen Flickenteppich.

Und auch Zuschauer Didier Julier fordert: «Es braucht unbedingt schärfere Massnahmen». Der Bundesrat müsse unbedingt wieder die Federführung übernehmen. Julier spricht aktuell von einem Flickenteppich der Kantone. Das dürfe nicht sein.

Verwirrung bei Maskenpflicht

Dieser kantonale Flickenteppich besteht vor allem bei der Maskenpflicht. Diese aktuelle Situation sieht auch FDP-Nationalrat Wasserfallen kritisch. «Massnahmen sind nur so gut, wie die Leute sie verstehen», so der Berner. Er befürchtet, dass wenn Massnahmen nicht einfach genug seien, sie nicht angewendet werden.

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FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. - SRF-«Arena»

Psychologin Scholz belegt diese Befürchtung. Aus verhaltenspsychologischer Sicht sei eine einheitliche Lösung klar die bessere. Unterschiedliche Massnahmen hingegen würden Zweifel sähen. Zudem würden Massnahmen, an die man nicht glaube, schlecht umgesetzt.

Engelberger - in der «Arena» als Vertreter der Kantone geladen - verteidigt hingegen den bisherigen«Kantönligeist». Er glaube nicht, dass das föderalistische System der Schweiz einen Nachteil bei der Pandemiebekämpfung habe. Zudem könne Föderalismus auch heissen, dass man voneinander lerne.

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GDK-Präsident Lukas Engelberger. - SRF-«Arena»

Er verstehe zwar, dass das auch kontrovers aufgefasst werden könne. Doch bisher hätten die Kantone, die betroffen waren, schnell reagiert und situativ angepasst.

Doch auch er befürwortet nun eine Verschärfung der Massnahmen auf Bundesebene. Jetzt sei es ein gesamtschweizerisches Problem und nicht mehr eines der Regionen.

Erneuter Appell an die Bevölkerung aus Schwyz

In der «Arena» richtete die Direktorin vom Spital Schwyz, Franziska Föllmi abermals einen Appell an die Bevölkerung. Die Situation in Schwyz sei derzeit geordnet. Es werde viel gearbeitet, schildert sie. Doch bereits seien ein Viertel aller Patienten im Spital Covid-Patienten.

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Appell aus Schwyz: Direktorin Spital Schwyz, Franziska Föllmi. - SRF-«Arena»

Nicht die Politik, sondern die Bevölkerung sei das Zielpublikum ihres Appells gewesen. Mache man weiter, wie normal, werde bald nichts mehr geordnet sein. Letztlich sei es ihr wichtig, dass man nun schnell reagiere.

Engelberger ist für Föllmis Appell dankbar. Er trage zur Sensibilisierung der Bevölkerung bei.

Gysi meint: «Botschaften wie aus Schwyz sind wichtig. Wir müssen uns jetzt einschränken.» Und Salathé ergänzt, man müsse ja nicht warten, bis die Politik reagiert. «Wir können alle selber schon jetzt reagieren.»

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SP-Nationalrätin Barbara Gysi. - SRF-«Arena»

Baustelle Contact-Tracing

Das Contact-Tracing der Kantone funktioniere im Rahmen des möglichen, bei so hohen Zahlen, erklärt Engelberger. Mit steigenden Fallzahlen könne man aber nicht mehr Lückenlosigkeit garantieren. Das Contact-Tracing werde deshalb nicht scheitern, nur: «Grössere Lücken werden entstehen».

Gemäss Salathé war das Contact-Tracing schon immer belastet. Das mache sich nun halt bemerkbar. Nun müsse aufgestockt, aber vor allem die Prozesse verbessert werden, so der Epidemiologe.

«Arena»-Fazit

Alles in allem war es eine harmonische «Arena»-Runde. Man war sich einig: Es braucht mehr Lead vom Bundesrat, weniger Flickenteppich der Kantone, schnelles Handeln und eine Bevölkerung, die ihre Kontakte reduziert.

Denn klar ist: «Einen nächsten Lockdown will wirklich niemand», wie SP-Nationalrätin Gysi schliesst. Sie ist überzeugt, dass gemeinsam ein Lockdown verhindert werden könne. Der Bundesrat sei aufgerufen, Weise entscheide zu fällen. «Dann können wir das verhindern.»

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