Die Kritik an der welschen SP-Bundesratskandidatin Elisabeth Baume-Schneider verhallt. Oder spielen einfach alle das Spiel mit, bis Eva Herzog gewählt ist?
Elisabeth Baume-Schneider Bundesratswahl
Bundesratskandidatin Elisabeth Baume-Schneider, Ständeraetin SP-JU, scherzt mit SVP-Fraktionssekretär Raphael Vogel, rechts, nach einem Hearing bei der Fraktion der SVP, am 29. November 2022, in Bern. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als Welsche steht Bundesratskandidatin Elisabeth Baume-Schneider quer in der Landschaft.
  • Die Parteien beteuern zwar ihre Wählbarkeit: Schliesslich sei sie ja auf dem SP-Ticket.
  • Ob ihre Muttersprache bei der Wahl tatsächlich keine Rolle spielt, ist eine andere Frage.

Mit SP-Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider kandidiert eine Westschweizerin als Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga. Löst eine französischsprachige Bundesrätin eine deutschsprachige ab, währen die «Lateiner» plötzlich in der Mehrheit. Dabei stellen sie nur rund einen Drittel der Bevölkerung. Geht gar nicht, sagen die einen – aber der SP bei ihrem Zweierticket dreinreden mag man dann doch wieder nicht.

Ernsthafte Kandidatur, unernste Kandidatin

Die Basler Ständerätin Eva Herzog war schon Favoritin, bevor sie selbst oder Baume-Schneider ihre Kandidaturen überhaupt bekanntgaben. Daran hat sich nichts geändert, was offenbar auch in den Hearings der Parteien zu spüren war: Herzog ist so kurz vor dem Ziel unter Druck und hochkonzentriert, Baume-Schneider ist locker, weil sie nichts zu verlieren hat.

Eva Herzog Elisabeth Baume-Schneider
Die SP-Ständerätinnen Eva Herzog (links) und Elisabeth Baume-Schneider waren in der vergangene Woche im Bundeshaus fleissig am Weibeln in eigener Sache. - Nau.ch

Aber kann sie auch gewinnen? Mit praktisch identischen Floskeln betonen die Fraktionspräsidenten von FDP, Mitte oder Grünen, man höre selbstverständlich beide Kandidatinnen an. Sprich: Wenn die SP eine Romande nominiert, ist das deren Problem, «wir wählen eine Person auf dem Ticket». Für viele ist auf diesem Ticket aber nur eine Person, die überhaupt zur Auswahl steht.

Wäre ein Bundesrat mit einer Deutschschweizer Minderheit okay?

Selbst Romands stellen in der Wandelhalle des Bundeshauses klar: Eine Übervertretung ihrer Sprachgruppe wäre ein eklatanter Fauxpas. Also hört man die durchaus kompetente, führungserfahrene Elisabeth Baume-Schneider halt an. Im Hinterkopf ist der Entscheid zugunsten Herzogs aber schon gefallen. Ausser diese begeht im Schlussspurt einen noch eklatanteren Fauxpas und macht sich so unwählbar.

Kalkül in allen Lagern

Das Manko der «falschen» Muttersprache ist für Baume-Schneider mit anderen Qualitäten fast nicht aufholbar. Ist ihre Kandidatur nichts als eine Farce, eine Alibi-Übung? Ganz so simpel ist es wohl nicht, wie zig Bundesratswahlen mit überraschendem oder knappem Ausgang zeigen.

Herzog Allemann Baume-Schneider Bundesratskandidatinnen
Von drei auf zwei: Ursprünglich war neben den Ständerätinnen Eva Herzog (links) und Elisabeth Baume-Schneider (rechts) auch die Berner Regierungsrätin Evi Allemann Bundesratskandidatin. - Keystone

Wohl gibt es Herzog-Fans in der SP, die ihr eine korrekte und dennoch unmögliche Kandidatur mit aufs Ticket stellen wollten. Mit derlei Kalkül könnte der Schuss aber genauso gut hinten hinaus gehen. Bürgerliche könnten versucht sein, der SP eins auszuwischen und absichtlich deren zweite Wahl zu bevorzugen.

Ganz offen ins Spiel gebracht werden auch ganz andere Kriterien: So soll die starke Bauernlobby das «Buuremeitschi» aus dem Jura der Historikerin aus der Grossstadt vorziehen. Andere Exponenten tun dies als typisches Bundesratswahlgeschwätz ab, welches ablenken und die Spannung hochhalten soll.

Bauernlobby Roger Nordmann
FDP-Nationalrat und Bauernverbands-Direktor Jacques Bourgeois (links) diskutiert mit den Mitte-Nationalrätinnen und Landwirtinnen Priska Wismer-Felder und Christine Bulliard-Marbach sowie SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann. - Keystone

Elisabeth Baume-Schneider soll aber auch denjenigen gefallen, die schon für die nächsten Bundesratswahlen taktieren. Mit ihrer Wahl stibitze sie nicht nur den Deutschschweizern einen Sitz, sondern eben auch den SPlern aus der Romandie. Tritt dereinst Alain Berset zurück, gucken die vormals hoffnungsvollen welschen SPler nämlich in die Röhre.

Elisabeth Baume-Schneider, die Männerverhindererin

Der geneigte bürgerliche Parlamentarier könnte mit der Wahl von Baume-Schneider einen «Bundesrat Roger Nordmann» verhindern. Der SP-Fraktionspräsident aus der Waadt hat sich bislang nicht zu seinen Bundesratsambitionen geäussert. Oder Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard, ebenfalls Waadtländer, der schon einmal kandidierte und gegen Alain Berset unterlag: Er wäre weg vom Fenster.

Alain Berset Pierre-Yves Maillard
Bundesrat Alain Berset, links, diskutiert mit SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard, an der Sommersession der Eidgenössischen Räte, am 31. Mai 2022 im Nationalrat in Bern. - Keystone

Aber wer weiss: Vielleicht ist auch das nur Geschwätz, um die Spannung hochzuhalten. Und weil glücklicherweise nicht wissen, was in den Köpfen von 246 Parlamentariern vorgeht, bleiben wir gespannt.

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