Die grosse Mehrheit des Parlaments begrüsst eine unabhängige Meldestelle für Opfer von Missständen im Sport.
Die Schweizer Turnerin Ariella Kaeslin an einem Wettkampf im Jahr 2007. Auch sie litt unter psychischer Gewalt, die ihre Trainer auf sie ausübten. (Themenbild)
Die Schweizer Turnerin Ariella Kaeslin an einem Wettkampf im Jahr 2007. Auch sie litt unter psychischer Gewalt, die ihre Trainer auf sie ausübten. (Themenbild) - sda - KEYSTONE/EDDY RISCH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Ständerat befürwortet auch der Nationalrat die Einführung einer Anlaufstelle.
  • Auslöser dafür sind die sogenannten «Magglinger Protokolle».

Eine neue unabhängige Meldestelle für Opfer von Missständen im Sport wird von einer grossen Mehrheit des Parlaments begrüsst. Nach dem Ständerat hat am Donnerstag auch der Nationalrat die Einführung einer solchen Anlaufstelle befürwortet. Die Zustimmung zur entsprechenden Motion erfolgte mit 133 zu 44 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

Der Ständerat hatte am Dienstag mit 26 zu 17 Stimmen dafür votiert. Auslöser sind die sogenannten «Magglinger Protokolle», die Ende Oktober im «Magazin» der Tamedia-Medien veröffentlicht wurden.

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Darin hatten acht ehemalige Spitzen-Turnerinnen geschildert, wie sie im Leistungszentrum in Magglingen BE psychisch und physisch misshandelt worden seien. Seither gab es im Turnverband zahlreiche Rücktritte.

Amherd will Vorwürfe zu den Trainingsmethoden extern aufarbeiten lassen

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats (WBK-S) hatte deshalb nach Hearings mit Vertretern des Schweizerischen Turnverbandes (STV), von Swiss Olympic und dem Bundesamt für Sport (Baspo) in einer Motion die Schaffung einer unabhängigen nationalen Anlauf- oder Meldestelle für Opfer von Missständen im Sportbereich gefordert.

Sportministerin Viola Amherd ihrerseits hatte angekündigt, die Vorwürfe bezüglich der Trainingsmethoden im Nationalen Sportzentrum Magglingen BE extern aufarbeiten zu lassen. Das Baspo habe Swiss Olympic bereits 2019 damit beauftragt, eine solche Untersuchung zu evaluieren und bis Ende 2020 die Ergebnisse vorzulegen.

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Im Gegensatz zur intensiven Debatte vor zwei Tagen im Ständerat gab es am Donnerstag im Nationalrat keine grossen Verwerfungen. Eine Minderheit wollte vor einem Entscheid die Resultate der von Sportministerin Viola Amherd in Auftrag gegebenen Untersuchung abwarten. Aber auch für Minderheitensprecherin Nadja Umbricht Pieren (SVP/BE) war klar: «Ich will keine Schweizer Medaillen gewinnen, an denen psychische und physische Gewalt klebt.»

Resultate erst Mitte des nächsten Jahres

Allerdings wird es laut Amherd bis Mitte nächstes Jahr dauern, bis die Resultate der Untersuchung vorliegen. Die Arbeiten für die Einführung der unabhängigen Meldestelle würden aber unbesehen der Haltung der Räte zur Motion mit Hochdruck weitergeführt. «Es besteht Handlungsbedarf», so Amherd. Finanzierung, Organisation und Struktur der Stelle seien noch offen. Ziel sei es, dass die Meldestelle 2022 operativ sei.

Nationalrat Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) zeigte sich erstaunt, dass nun ausgerechnet «die Aufsichtsversager mithelfen sollen, diese Stelle aufzubauen». Er fragte Amherd, ob es da nicht vielmehr personelle Konsequenzen brauche.

Personalpolitik mache sie nicht im Parlament, antwortete die Magistratin, verwies aber gleichzeitig darauf, dass in den Verbänden schon Köpfe gerollt seien. Aber es sei nun mal nicht der Bund, der den Schweizerischen Turnverband (STV) betreibe. Der Sport sei in der Schweiz nicht behördlich organisiert. Aber man hätte sicher mehr Druck machen können.

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