Neue Zahlen des BfS zeigen: Die Lohnungleichheit zwischen Frau und Mann ist gestiegen. Könnte die Schliessung diverser Gleichstellungsbüros ein Grund sein?
Relikt der Vergangenheit? Anlaesslich der Budgetberatung des Zuercher Kantonsrats findet am 11. Dezember 1995 vor dem Zürcher Rathaus eine Kundgebung von Frauenorganisationen und der VPOD-Sektion gegen die faktische Abschaffung des Gleichstellungsbüros statt.
Relikt der Vergangenheit? Anlaesslich der Budgetberatung des Zuercher Kantonsrats findet am 11. Dezember 1995 vor dem Zürcher Rathaus eine Kundgebung von Frauenorganisationen und der VPOD-Sektion gegen die faktische Abschaffung des Gleichstellungsbüros statt. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Neueste Zahlen des BfS zeigen: Der Lohnunterschied zwischen Frau und Mann ist gestiegen.
  • Gleichzeitig werden national Gleichstellungsbüros geschlossen oder in Frage gestellt.
  • Aufgabe der Gleichstellungsbüros ist, für Gleichberechtigung auf allen Ebenen zu sorgen.

Heute hat das Bundesamt für Statistik (BfS) die neu erhobenen Zahlen zur Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern im öffentlichen Sektor publiziert. Sie zeigen: Statt gesunken, sind die Unterschiede erneut angestiegen.

«Der Bund muss noch besser werden», forderte SP-Nationalrätin Barbara Gysi bereits zu einem früheren Zeitpunkt bei Nau. Denn auch im internationalen Vergleich macht die Schweiz sich damit schlecht.

Lohnunterschied im öffentlichen Sektor 1994 bis 2016.
Lohnunterschied im öffentlichen Sektor 1994 bis 2016. - BfS

Schweiz als Schlusslicht

Jährlich untersucht das World Economic Forums (WEF), wie die Welt es mit der Gleichberechtigung hält. In diesem sogenannten «Global Gender Gap Report» belegt die Schweiz aktuell Platz 21. Vor nicht allzu langer Zeit tummelten wir uns noch in den Top 10. Laut einer jährlichen Studie des «Economist» gehört die Schweiz nicht einmal mehr zum Mittelmass, sondern in vielen Bereichen gar zu den Schlusslichtern.

Ändern sollen das unter anderem die Schweizer Gleichstellungsbüros. «Fachstellen, die sich für die Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzen, gibt es auf Ebene des Bundes, der Kantone und der Gemeinden», heisst es beim Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG). Allerdings verfügt schon heute nicht jeder Kanton über ein eigenes Gleichstellungsbüro. Aktuell gibt es auf kantonaler Ebene deren 15, auf Gemeindeebene kommen weitere fünf dazu.

Das tun die Gleichstellungsbüros

Gleichstellung BL habe «den verfassungs- und völkerrechtlichen Auftrag, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in sämtlichen Lebensbereichen voranzubringen», erklärt Jana Wachtl, Leiterin der Fachstelle Gleichstellung für Frauen und Männer Kanton Basel-Landschaft.

Jana Wachtl, Gleichstellungs-Beauftragte des Kantons Baselland.
Jana Wachtl, Gleichstellungs-Beauftragte des Kantons Baselland. - zvg

Die Baselbieter Fachstelle beispielsweise nimmt bei Gesetzesänderungen, Projekten und Debatten Stellung und beantwortet Fragen aus der Bevölkerung zu Themen wie Lohnungleichheit, Mutterschaft und Vaterschaft oder sexuelle Belästigung.

«Gleichstellung BL schult die sieben Vertrauenspersonen der kantonalen Verwaltung, die Betroffene, Mitwissende oder Vorgesetzte bei Fällen von sexueller Belästigung beraten und unterstützen, ist an der Durchführung und Weiterentwicklung des «Gendertag – Zukunftstag für Mädchen und Jungs» beteiligt oder erhebt, publiziert und gibt Empfehlungen zur Zusammensetzung der regierungsrätlichen Kommissionen BL ab», zählt Wachtl einige Beispiele auf.

«Verfassungs- und völkerrechtswidrig»

Obwohl die Schweizerische Bundesverfassung die Gleichstellung schwarz auf weiss festgehalten hat und die ebenso schwarz auf weiss getippten Zahlen jüngster Statistiken zeigen, dass Gleichstellung in der Schweiz noch nicht Realität ist, kämpfen die Gleichstellungsbüros um ihr Überleben – oder haben ihre Schreibtische bereits geräumt. So beispielsweise die Gleichstellungskommission im Kanton Zug.

Das Bundesgericht bezeichnete diese Situation als «verfassungs- und völkerrechtswidrig», so Baumgartner. Dennoch schlossen 2016 und 2017 auch Obwalden und Aargau ihre Büros.

Bundesrat will keine Kontrolle

Aktuell ist im Parlament darum ein Postulat von SP-Nationalrätin Yvonne Feri hängig: Sie will wissen, in welchen Kantonen der Verfassungs-Auftrag regelgetreu ausgeführt wird und wie man Regelbrecher zur Rechenschaft ziehen kann. Der Bundesrat hat das Postulat zur Ablehnung empfohlen.

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