Wie sehr kann man eine Gitarre verzerren – und warum tun wir uns das Ganze mit der Liebe nochmal an? Fragen wie diese hat sich die Caroline Rose vielleicht bei ihrem fünften Album gestellt. Ihr ist ein herausragendes Indie-Pop-Werk gelungen.
Die US-amerikanische Songwriterin Caroline Rose legt ein starkes Album vor.
Die US-amerikanische Songwriterin Caroline Rose legt ein starkes Album vor. - Cristina Fisher/New West Records/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Dieses Album wird Ende des Jahres vermutlich in den Bestenlisten vieler Musikmagazine stehen.

Denn der US-amerikanischen Songwriterin Caroline Rose ist mit «The Art of Forgetting» ein herausragendes Indie-Pop-Werk gelungen. Die 33-Jährige hat darauf eingängige Melodien geschrieben, diese mit Gitarre und Co. vertont und anschliessend durch modulare Synthesizer gejagt. Dadurch ist ein ganz besonderer Sound entstanden.

Inhaltlich geht es um Verlust und Trauer. «Ausgelöst durch eine schwierige Trennung begann Rose, tief in sich zu gehen und grub unbewusst lange verschüttete Kindheitserfahrungen aus», heisst es von der betreuenden Musikagentur. Die Lieder sind unterbrochen von Sprachaufnahmen, auf denen die Grossmutter von Rose zu hören ist – die in dieser Zeit «offensichtlich ihr Gedächtnis verlor», schrieb die Musikerin in einer Ankündigung zum Album.

«The Art of Forgetting» ist eine Art musikalische Trauerbewältigung, die schlimme Erfahrungen in überwältigende Lieder verwandelt: Mit epischen Spannungsbögen und grosser emotionaler Wucht. Das Album bietet eine ganze Reihe herausragender Stücke. Die Single «Miami» etwa, die mit ein paar akustischen Gitarren-Akkorden beginnt und sich plötzlich mit heftig verzerrter E-Gitarre und stolpernden Beats zu einem kraftvollen Klagelied aufschwingt. Aufmerksamkeit erlangte das dazugehörige Musikvideo. Scheinbar rückwärts abgespielt ist Rose darin als Frau zu sehen, die mit ihrer Partnerin zusammen nachts alle möglichen Abenteuer erlebt, bevor sie einsam auf ihrem Schlafzimmerboden zurückbleibt.

Oder der Song «Rebirth»: Zu Beginn badet Roses verfremdeter Gesang in leisen Synthie-Wellen, bis erst eine verlorene Ukulele, dann druckvolle Beats einsetzen. Ein packendes Lied, das man sich zum Beispiel gut als Titelmelodie einer Science-Fiction-Serie vorstellen könnte. Rose hat insgesamt viel experimentiert. Streicher-Arrangements schwellen auf und ab, Harfen- und Klaviertöne verlieren sich im Nirwana, oder eine Gitarre leiert verdächtig vor sich hin.

«Everywhere I Go I Bring The Rain» ist eine Indie-Rock-Hymne, deren euphorischer Gesang in Kontrast zum traurigen Songtext steht. Musikalisch erinnert das Stück stärker an Roses Vorgänger-Alben. Die Musikerin, die im Bundesstaat New York aufwuchs, veröffentlichte ihr Debüt 2012. Im Laufe der Zeit hat sich ihre Musik von Blues und Folk mehr in Richtung Indie-Pop entwickelt. «The Art of Forgetting» ist ihr fünftes Studioalbum – und vermutlich das, was ihr die bisher grösste Aufmerksamkeit einbringen dürfte.

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