Silvia, Sylvana, Sarafina, Sarah-Jane, Lavinia, Calantha, Estefania und Loredana - und das sind noch längst nicht alle. Eine der bekanntesten Grossfamilien Deutschlands ist zurück. Annäherungen an ein TV-Phänomen.
silvia wollny
Silvia Wollny mit ihrer Familie bei ihrer Sendung «Die Wollnys - Eine schrecklich grosse Familie». Foto: Per Florian Appelgren/RTLZWEI/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Silvia Wollny ist stocksauer.

«Du kommst aus dem Urlaub, freust Dich auf den eigenen Garten, hast ein bisschen Kopfkino, und Du kommst zurück und siehst dieselbe Ruine wieder.» Denn das blonde Oberhaupt der Wollny-Grossfamilie hat vor der Abreise in die Türkei den Daheimgebliebenen einen Auftrag erteilt.

Sie sollten die Wüste vor dem Haus in ein Paradies mit Rollrasen und Sträuchern verwandeln. Passiert ist so gut wie nichts - stattdessen Sand, Lehm, Löcher. Die elffache Mutter kocht vor Wut und klagt ihrem Partner Harald ihr Leid.

Hier im rheinischen Hückelhoven fehlt eigentlich alles, was ein grosses Fernsehpublikum zur besten Sendezeit für gewöhnlich anzieht. Da sind keine Serienmörder, keine Stars, kein Sex, keine geschliffenen Dialoge. Dennoch ist die Dokusoap «Die Wollnys – Eine schrecklich grosse Familie» auf RTLzwei seit Jahren ein Fels in der Brandung der deutschen TV-Landschaft. Silvias Kampf mit den Alltagssorgen hat besonders beim weiblichen Publikum eine treue Fangemeinde. Von den Zuschauerinnen im Alter von 14 bis 29 Jahren landete 2019 im Schnitt jede sechste im Publikum bei diesem Format. Am Mittwoch um 20.15 Uhr startet die neue Staffel.

Seit fast zehn Jahren begleitet RTLzwei Silvia Wollny mit einem Grossteil ihrer Kinder, der Sender bewirbt sie als «Deutschlands wahrscheinlich bekannteste Grossfamilie». 14 Menschen - inklusive Partner und Enkelkinder - leben unter einem Dach und folgen in der Regel dem Kommando von Mutter und Oma Silvia (54).

Warum begleiten mehr als eine Million Zuschauer Silvia Wollny in den Baumarkt? Warum hat ihre Familie rund 300 000 Facebook-Fans? Prof. Joan Kristin Bleicher vom Institut für Medien und Kommunikation der Universität Hamburg ist Expertin für Reality-TV. Ihrer Meinung nach bilden die Wollnys einen Kontrast zu den kaputten Familien, die in deutschen Scripted-Reality-Formaten für gewöhnlich zu sehen sind. «Als Gegenmodell verkörpern die Wollnys Sehnsüchte vieler Zuschauerinnen und Zuschauer nach einer, trotz aller Konflikte, intakten Grossfamilie. In unserer Gesellschaft sind derartige Familien selten geworden, so dass ihre mediale Inszenierung vorhandene Wunschkonstellationen adressiert.»

Das Konzept, einen Familienverband in Alltagsnöten zu zeigen, hat eine lange Tradition. Bereits Anfang der 1970er Jahre begleitete der US-Sender PBS die Louds aus Santa Barbara. Die Realityshow erreichte Topquoten. Die kalifornische TV-Familie zerbrach allerdings über dem Projekt, wie Bleicher erläutert.

1989 startete das erste Vorhaben dieser Art in Deutschland. Jahrelang begleitete ein Team des Westdeutschen Rundfunks die Kölner Arbeiterfamilie Fussbroich durch Höhen und Tiefen und erhielt dafür einen Grimme-Preis. Doch «auch die Fussbroichs brachen die Dreharbeiten zur Fernsehdokumentation ab», so Bleicher. Ihr Fazit: «Mediale Inszenierungen von Familie haben häufig wenig mit dem tatsächlichen Familienleben zu tun. Der Wunsch nach einer mediengerechten positiven Selbstdarstellung steigert vorhandene Konfliktkonstellationen.»

Dem Erfolg von Silvia, Sylvana, Sarafina, Sarah-Jane, Lavinia, Calantha, Estefania und Loredana Wollny kann das bisher nichts anhaben. Es ist bereits die elfte Staffel, die jetzt beginnt. Und der Zorn von Silvia über ihre Kinder («Da kann ich nur sagen: faul, faul, faul») verraucht auch irgendwann wieder. Es gibt ja auch immer Neues zu managen. Unter anderem wird das Oberhaupt zur Schlagerparty «Dortmund Olé» eingeladen. Silvia soll 20 000 Menschen mit einer Gesangseinlage einheizen.

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