Kantonsrat will unqualifizierte Lehrer länger unterrichten lassen
Lehrer ohne Ausbildung, die vor Zürcher Klassen stehen, sollen laut Kantonsrat länger als ein Jahr unterrichten dürfen. Die Bildungsdirektion sieht das anders.

Die rund 500 Lehrerinnen und Lehrer ohne Ausbildung, die derzeit vor Zürcher Klassen stehen, sollen länger als ein Jahr unterrichten dürfen.
Der Kantonsrat hat am Montag, 31. Oktober 2022, ein dringliches Postulat von SVP und FDP mit 116 zu 49 Stimmen überwiesen. Die Bildungsdirektorin hat andere Pläne.
Anstellungen der Aushilfs-Lehrer bisher auf ein Jahr begrenzt
Wegen des Lehrermangels dürfen seit den Sommerferien erstmals auch Personen ohne Lehrerdiplom vor eine Klasse stehen. Im Kanton Zürich sind dies etwa 500 von insgesamt 18'000 Lehrpersonen.
Diese Anstellungen sind bisher auf ein Jahr begrenzt. Danach sollen diese Aushilfs-Lehrer eine reguläre Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule PH beginnen, so wünscht es die Bildungsdirektion.
FDP und SVP fürchten jedoch, dass die Begrenzung auf ein Jahr der falsche Weg sein könnte, quasi «Pflästerli-Politik», weil sich die Lage bis im kommenden Sommer kaum geändert haben dürfte.
Das Prinzip Hoffnung, mit dem die Bildungsdirektion arbeite, funktioniere nicht.
Postulat will Anstellung an Teilzeitausbildung an der PH knüpfen
Das Postulat, das an Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) überwiesen wurde, fordert deshalb, dass diese Unqualifizierten auch nach dem kommenden Sommer vor einer Klasse stehen dürfen.
Sonst könnten sich Schulen in der absurden Situation wiederfinden, Lehrpersonen ohne Zulassung, in die sie bereits viel Aufwand gesteckt hätten, durch neue Unqualifizierte ersetzen zu müssen.
«Das Postulat rennt an sich offene Türen ein», sagte Steiner in der Debatte. Aber es sei das falsche Instrument.
Statt diese Leute einfach weiter unqualifiziert unterrichten zu lassen, will Steiner ihre Anstellung an eine Teilzeitausbildung an der PH knüpfen. So könnten sie nebenbei unterrichten und hätten eine Perspektive an der Schule.
Entscheidungen werden individuell getroffen
Mitte November will sie die Bedingungen kommunizieren, unter denen die Interessierten in die Quereinsteiger-Ausbildung aufgenommen werden.
«Diese Aufnahmen sind sur Dossier», sagte Steiner weiter. Bei jedem Fall wird also einzeln entschieden, ob sich jemand für die Ausbildung eignet oder nicht.
Steiner war zuletzt immer wieder kritisiert worden, dass sie nichts gegen den Lehrermangel unternehme.
Für Schlagzeilen sorgten vergangene Woche Medienberichte, die zeigten, dass ihre «Task Force» gegen Lehrermangel gar nicht aktiv ist.