Was sich in den vergangenen Wochen 2022 abgezeichnet hatte, bestätigte sich. Die Initiative Widmer in Zollikon kann nicht umgesetzt werden.
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Der Gemeindesaal in Zollikon. - Nau.ch / Kilian Marti
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Im Sommer 2018 haben die Stimmbürger Zollikons die Initiative Widmer an der Urne angenommen. Diese beinhaltete den Verzicht auf die Ansiedelung eines Grossverteilers im Beugi-Areal und den Auftrag, das Areal im Baurecht an Zolliker Wohnbaugenossenschaften abzugeben.

Seit Februar 2020 wurde in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit unterschiedlicher Zusammensetzung bestehend aus dem Initianten, Vertretern des Gemeinderats und in einer zweiten Phase auch mit Vertretern der fünf Zolliker Baugenossenschaften an der Umsetzung der Initiative gearbeitet.

Mit dem Fortschreiten der Projektarbeiten traten baurechtliche und finanzielle Risiken immer deutlicher zutage. Die Arbeitsgruppe hat Anfang März 2022 in einem Werkstattbericht darüber informiert.

Initiative scheitert am Bedarfsnachweis

Diese Risiken haben sich in vertieften Abklärungen bestätigt und erhärtet. Die Umsetzung der Initiative scheitert insbesondere am erforderlichen Bedarfsnachweis für die Umzonung der Zone für öffentliche Bauten.

Die Gemeinde müsste gegenüber dem Kanton nachweisen, dass langfristig auf dem Beugi-Areal kein Bedarf an öffentlicher Nutzung besteht. Dieser Nachweis kann heute so nicht mehr erbracht werden. Gemeindepräsident Sascha Ullmann erklärt, dass sich die Verhältnisse seit der Erarbeitung der Baurechtsvorlage 2016 erheblich verändert haben.

So präsentieren sich die rechtlichen und demografischen Verhältnisse heute anders und damit auch der Anspruch an Freiräumen und öffentlichen Nutzungen. Demzufolge fehlt es an einer Grundvoraussetzung für die Realisierung von Wohnbauten auf dem Beugi-Areal.

Mehrwertausgleichsgesetz spielt auch eine Rolle

Eine Umzonung wäre deshalb aus heutiger Sicht kaum mehr bewilligungsfähig. Der zweite grosse Stolperstein ist die Mehrwertabgabe. Seit dem 2021 geltenden Mehrwertausgleichsgesetz gilt die Umzonung als abgabepflichtige Einzonung, für die 20 Prozent des Mehrwertes durch den Kanton abgeschöpft wird.

Selbst wenn der Kanton – was faktisch auszuschliessen ist – einer Umzonung zustimmen würde, wäre eine Mehrwertabgabe auf dem neuen Nutzungspotenzial zu entrichten. Gemäss Expertise ist diese auf rund 4,7 Millionen Franken zu veranschlagen.

Bei einer Abwälzung der Abgabe via Baurechtszins an den Baurechtsnehmer hätte dies eine direkte Auswirkung auf die Mietzinse der genossenschaftlichen Wohnungen, was die Schaffung von den in der Initiative angestrebten Wohnungen im mittleren Preissegment verunmöglicht.

Ersatzlösung wird gesucht

An ihrer jüngsten Sitzung beurteilte die Arbeitsgruppe die Initiative Widmer deshalb einhellig als nicht realisierbar. Gemeindepräsident Sascha Ullmann und Initiant Jürg Widmer halten gemeinsam fest, dass sie es aber nicht als Scheitern sehen, sondern dass die Initiative Widmer nicht umgesetzt werden kann.

Die Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat, Verwaltung und den Baugenossenschaften in den vergangenen Monaten sei eine wertvolle und fruchtbare gewesen, die neue Erkenntnisse für das Beugi-Areal brachte und wichtigen Nährboden für den genossenschaftlichen Wohnungsbau in Zollikon schuf.

Gemeinsam mit den Baugenossenschaften wird der Gemeinderat diesen in der neuen Legislatur angehen. Der Fokus liegt nun auf einer Ersatzlösung für die Realisierung von gemeinnützigem Wohnungsbau genauso wie auf der mittel- und langfristigen Nutzung des Areals Beugi, das in der Zone für öffentliche Bauten verbleiben soll.

Mietvertrag mit der ETH bis Juni 2024 verlängert

Jürg Widmer teilt mit, dass es ihm und den Mitunterzeichnenden seiner Initiative sehr wichtig ist, dass sie in Zollikon die Gelegenheit für genossenschaftlichen Wohnungsbau erhalten.

Persönlich ist es ihm aber auch ein Anliegen, dass für das Areal Beugi eine für die Bevölkerung gute Lösung erarbeitet wird und kein «Providurium» mit Zwischenvermietungen bleibt.

Der Gemeinderat wird der Stimmbevölkerung voraussichtlich im kommenden Herbst die Aufhebung der Initiative Widmer beantragen, über welche dann an der Urne beschlossen wird.

Zurzeit dient das ehemalige Altersheim als Wohnheim für Studierende der Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH. Im unteren Geschoss des Gebäudes betreibt die Schule Zollikon einen Mittagstisch. Der Mietvertrag mit der ETH wurde erst kürzlich um ein weiteres Jahr bis Ende Juni 2024 verlängert.

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