Christoph Hiller Meilen: «Immer noch in einer besonderen Lage»
Gemeindepräsident von Meilen, Christoph Hiller, schreibt in seinem Gastbeitrag über die Lockerungen und über die Aktion für das lokale Gastrogewerbe im Juli.

Nicht immer konnte ich mit so viel Zuversicht wie heute meine Corona-Botschaft schreiben. Mit der Einkehr des Sommers scheinen nun aber die Zeichen gut zu stehen, dass der Spuk bald vorüber sein könnte. Deshalb nun sorglos alle Massnahmen fallen lassen zu wollen, wäre jedoch bestimmt verfehlt.
Es ist nach wie vor Vorsicht angesagt, auch wenn es nun wirklich an der Zeit ist, mit gutem Gewissen die eine und andere Lockerung anzugehen. Und es gilt zweifellos, die verschiedenen Virus-Mutationen im Auge zu behalten, um rechtzeitig reagieren zu können. Wir befinden uns immer noch in einer besonderen Lage – dies sollten wir im Bewusstein haben und uns dementsprechend verhalten, das ist nichts als vernünftig.
Es ist also noch zu früh, um einen Schlussbericht zur Covid-19-Pandemie zu verfassen. Aber immerhin dürfen wir eine Zwischenbilanz ziehen.
50'000 Impfungen in Meilen
Die Wirtschaft in der Schweiz hat die Krise überraschend gut überstanden. Im europäischen Vergleich ist das Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 0,4% in den Jahren 2020/21 beachtlich. Unsere Nachbarländer erlitten alle eine Rezession mit einer Einbusse des BIP um 1,5% (Deutschland) bis 5,1% (Italien). Wirtschaftlich steht die Schweiz an der Spitze.
Das hat umgekehrt damit zu tun, dass kein anderes Land in Europa so wenige Einschränkungen der individuellen Freiheiten verhängte, wie das bei uns der Fall war. Gemäss einer Studie von Wissenschaftern aus Oxford ergriff die Schweiz die sanftesten Massnahmen; selbst im oft zitierten Schweden waren die Eingriffe strenger. Auch die Schulschliessungen dauerten im übrigen Europa viel länger als bei uns und unser Gesundheitswesen bewältigte die Heraus-forderungen ohne zu kollabieren. Der Bundesrat hat die Herausforderungen mit Augenmass gemeistert.
Erfreuliches gibt es auch zur Impfung zu berichten. Noch vor wenigen Wochen war Impfstoff Mangelware. Jetzt ist aber bereits die Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung mindestens einmal geimpft. Das Impfzentrum in Meilen funktioniert grossartig; in den gut zwei Monaten seit Betriebsaufnahme wurden bis heute knapp 50'000 Dosen verimpft.
Beitrag in die Gemeindekasse
Ich höre ganz viele Komplimente und konnte mich auch zwei Mal selber überzeugen: die Organisation ist straff, die Wartezeit minimal, das Personal ausgesprochen freundlich. Als Nebenwirkung sozusagen darf erwähnt werden, dass die Impflinge das Parkhaus unter dem Dorfplatz auslasten: Im Mai konnten über 11'000 Kurzzeit-Parkierer verzeichnet werden; das ist mehr als doppelt so viel wie der Monatsdurchschnitt und gibt immerhin einen Beitrag in die Gemeindekasse.
Meilen hat die Krise recht gut überstanden und ist bis jetzt mit einem hellblauen Auge davon gekommen. Die Statistik der Ansteckungen, die täglich von der Gesundheitsdirektion nachgeführt wird, zeigt für die Postleitzahl 8706 regelmässig eine unterdurchschnittliche Zahl. Weder im Alterszentrum auf der Platten noch im Tertianum waren ausserordentliche Fallzahlen zu verzeichnen.
Und in der Schule Meilen gab es nur vereinzelte Quarantänefälle. Schliesslich hat auch die Jahresrechnung 2020 der politischen Gemeinde trotz corona-bedingter Mehraufwendungen mit einem erfreulichen Ergebnis abgeschlossen.
Gemeinderat tritt Beizensterben entgegen
Mir ist aber bewusst, um nochmals auf die Wirtschaft zurückzukommen, dass es nicht allen Branchen gleich gut geht. Zahlreiche Betriebe leiden ganz massiv unter den Folgen der Pandemie. Ich denke zum Beispiel an den Tourismus; aber auch an die Gastronomie. Der Gemeinderat Meilen hat sich deshalb entschieden, dem Beizensterben entgegenzutreten und mit einer Aktion die Meilemer Gastwirtschaften zu unterstützen. Während zehn Tagen – vom 2. bis am 11. Juli – erhalten alle Gäste, die ein Mittag- oder Nachtessen konsumieren, ein von der Gemeinde Meilen offeriertes Getränk serviert.
Es ist den fünfzehn Gastrobetrieben frei gestellt, was sie anbieten – Voraussetzung ist lediglich, dass es ein lokales Getränk sein muss (also zum Beispiel ein Glas Wein eines Meilemer Weinbauern oder ein Seebuebe-Bier) und dass mindestens eines der ausgeschenkten Getränke alkoholfrei sein muss (also zum Beispiel eine ZOBO-Limonade oder ein Mineralwasser vom Uetliberg mit einer speziellen Mei-emer Etikette, die die Gemeinde produzieren liess).
Nachholbedarf für ein geselliges Zusammensein
«Gehen Sie aus, kehren Sie ein!» – mit diesem Slogan legt Ihnen der Gemeinderat ans Herz, unsere einheimischen Restaurants zu berücksichtigen, damit diese mindestens einen Teil des während des Lockdowns ausgefallenen Umsatzes wieder wett machen können. Zum spendierten Getränk wünsche ich Ihnen herzlich «Zum Wohl!».
Wenn nun nach und nach Freiheiten wieder gewonnen werden, wenn man sich da und dort wieder zögerlich die Hand gibt, wenn man sich zum Glück wieder mit Freunden treffen darf, so gilt es gleichzeitig an die Selbstverantwortung zu appellieren. Wer nach wie vor Respekt hat vor dem Virus, muss sich nicht unter viele Menschen mischen. Wer sich umgekehrt nicht impfen lassen will, muss in Kauf nehmen, gewisse Anlässe nicht besuchen und nicht ins Ausland verreisen zu dürfen. Beide Einstellungen sind zu akzeptieren – jede und jeder soll mit Anstand, mit Solidarität und mit gegenseitiger Rücksicht die bevorstehende Zeit angehen.
In jedem Fall ist für viele der Nachholbedarf für ein geselliges Zusammensein gross. Wir dürfen, wie eingangs erwähnt, mit Zuversicht und Vorfreude auf den Sommer und Herbst schauen und darauf hoffen, dass der eine oder andere Anlass im Dorfleben wieder stattfinden kann und sich die Meilemerinnen und Meilemer wieder unbeschwert begegnen können. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen schönen Sommer!
