Ein umstrittenes Gesetz im Thurgau soll der Polizei mehr Befugnisse verschaffen als in der restlichen Schweiz. Doch die Verantwortlichen geraten unter Druck.
Mann mit Handy Nahaufnahme
Im Thurgau könnten Handys möglicherweise bald verdachtsunabhängig durchsucht werden. - unsplash.com

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein neues Polizeigesetz soll es Ermittlern im Thurgau erlauben, Handys zu durchsuchen.
  • Kritiker halten den Entwurf für verfassungswidrig.
  • Nach erster Lesung gab der Grosse Rat den Entwurf in die beratende Kommission zurück.
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Der Thurgauer Kantonsrat hat im Mai einen umstrittenen Paragrafen in den Entwurf des geplanten neuen Polizeigesetzes aufgenommen. Dieser besagt: «Zur Gefahrenabwehr und zur Erkennung von Vergehen und Verbrechen dürfen elektronische Geräte (...) der betroffenen Person eingesehen werden.».

Dies würde bedeuten, dass Handys und Computer durchsucht werden dürften, ohne dass der Besitzer selbst einer Straftat verdächtigt werde.

Kommission soll Entwurf erneut prüfen

Wie unter anderem der «Tagesanzeiger» berichtet, entschied der Grosse Rat am Mittwoch einstimmig, das Gesetz an die beratende Kommission zurückzugeben. Es solle geprüft werden, ob der Inhalt gegen das Bundesrecht verstosse.

Begrüssen Sie es, wenn die Polizei ohne Begründung Ihr Handy anschauen darf?

Einmal war der als «Handy-Paragraf» bezeichnete Paragraf 47, Absatz 3 des Polizeigesetzes bei der vorbereitenden Kommission bereits durchgefallen.

Kantonspolizei Thurgau
Ein Streifenwagen der Kantonspolizei Thurgau. (Symbolbild) - Kantonspolizei Thurgau

Befürworter des Thurgauer Handy-Paragrafen finden sich in erster Linie in den Reihen von SVP, Mitte und EVP. Sie verweisen auf einen starken Präventionscharakter des Vorhabens. So könnten Straftaten verhindert werden, indem die Polizei leichter Zugang zu verdächtigen Nachrichten oder Fotos erhalte.

Prävention oder Privatsphäre

Anders sieht das unter anderem die FDP, die ein juristisches Gutachten zum Handy-Paragrafen in Auftrag gegeben hat. Dieses kommt zu dem Schluss, dass der entsprechende Paragraf in seiner jetzigen Form vor Gericht möglicherweise keinen Bestand habe. Auch Datenschützer üben schwere Kritik an dem ihrer Meinung nach unzulässigen Zugriff auf sensible Daten.

Ob es der Handy-Paragraf in das neue Polizeigesetz im Thurgau schafft, bleibt abzuwarten. Die Debatte um die verdachtsunabhängige Durchsuchung dürfte jedoch noch nicht vorüber sein.

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