Der Grosse Rat stellt sich gegen die Einführung einer 24-wöchigen Elternzeit im Kanton Bern.
Schweiz
Das Parlament während der Herbstsession in Bern - Keystone

Das Parlament lehnte am Donnerstag, 8. Dezember 2022, eine Volksinitiative der SP mit 95 zu 52 Stimmen ab.

Das letzte Wort haben die Berner Stimmberechtigten im Lauf des nächsten Jahres.

Das Volksbegehren verlangt die Einführung einer bezahlten 24-wöchigen Elternzeit, die zusätzlich zum bestehenden Mutterschaftsurlaub bezogen werden könnte.

Jeder Elternteil würde demnach je sechs Wochen erhalten, die restlichen zwölf Wochen könnten Mutter und Vater frei unter sich aufteilen.

Beim Volks-Ja muss die Regierung eine Vorlage ausarbeiten

Der kantonale Elternurlaub soll ab der Geburt des Kindes bis zu dessen Eintritt in den Kindergarten bezogen werden können.

Die Initiative ist in Form einer einfachen Anregung formuliert. Bei einem Volks-Ja müsste die Regierung eine Vorlage ausarbeiten.

Die Kosten werden auf rund 185 bis 204 Millionen Franken geschätzt.

Kanton Bern soll eine Pionierrolle übernehmen

Die Befürworter erhoffen sich von der Elternzeit eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie Manuela Kocher (SP) im Rat erklärte.

Angesichts des Fachkräftemangels sei es umso dringender, dass beide Elternteile am Erwerbsleben teilnehmen könnten.

Bis es auf nationaler Ebene vorwärtsgehe, soll der Kanton Bern eine Pionierrolle übernehmen.

Investition in Elternzeit ist Investition in die Volkswirtschaft

Seraina Patzen (Grüne) verwies auf die Regelungen in EU- beziehungsweise OECD-Staaten, die vier Monate Elternurlaub oder sogar mehr gewährten.

Deshalb sei der Berner Vorschlag moderat. Die Investition in Elternzeit führe zu einem volkswirtschaftlichen Nutzen.

Aus Sicht der Gegner ist der Nutzen für die Familie zwar unbestritten, «er steht aber im Missverhältnis zu den Kosten, die der Staat tragen müsste», betonte SVP-Fraktionssprecher Andreas Michel.

Auch andere bürgerliche Parteien erachteten die Idee als nicht finanzierbar.

Es brauche eine nationale Lösung

Aus Sicht von Christoph Zimmerli (FDP) würde ein Elternurlaub zudem kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) vor unüberwindbare Probleme stellen und den Fachkräftemangel gar verstärken.

Die GLP begrüsste grundsätzlich die Idee eines Elternurlaubs, sieht aber die SP-Vorschläge skeptisch, insbesondere den flexiblen Urlaubsbezug bis zum Kindergartenalter.

Zudem brauche es eine nationale Lösung, betonte Fraktionssprecherin Melanie Gasser.

Eine rein bernische Lösung sei nicht finanzierbar

Auch die Regierung beurteilte die Elternzeit als solche positiv, wie Evi Allemann (SP) im Rat sagte.

Ein «Flickenteppich» in den Kantonen sei jedoch nicht sinnvoll und eine rein bernische Lösung nicht finanzierbar. Allemann verwies auf die Bestrebungen auf Bundesebene. Die Berner Regierung wolle sich dort einbringen.

Im Kanton Zürich ist eine Volksinitiative für die Einführung einer Elternzeit von 36 Wochen letzten Mai vom Stimmvolk mit fast 65 Prozent Nein abgelehnt worden.

Sagen die Berner Stimmberechtigten an der Urne mehrheitlich Ja, wäre Bern der erste Kanton, der sich für einen Elternurlaub ausspricht.

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