Nach einem «Kaltstart» vor zwei Wochen haben sich die Volksschulen im Fernunterrichts-Alltag gut zurechtgefunden. Dies zeigen zwei Erfahrungsberichte aus Mühleberg und Lyss. Schmerzlich ist der Verzicht auf persönliche Kontakte.
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Im Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus schliessen Tausende Schulen und Kindertagesstätten. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Als einige Kinder anfangs letzter Woche im Schulhaus Computer für den Fernunterricht abholten, seien ihr fast die Tränen gekommen, erinnert sich Rachèle Schlecht, Co-Leiterin der Schule Mühleberg, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-sda. Den persönlichen Kontakt pflegt sie nun, indem sie öfters «zum guten alten Telefon» greife.

Die Umstellung auf Fernunterricht sei dank der IT-Verantwortlichen der Schule («unsere wichtigste Person») gut über die Bühne gegangen. «Wir sind gut aufgestellt». Just in der Woche vor dem Schliessungsentscheid war das Lehrerkollegium noch für eine Teamarbeit-Software geschult worden, die nun ein unverzichtbares Arbeitsinstrument ist.

Während die einen voll auf Online-Unterricht mit Live-Chats setzen, stellen andere Lehrpersonen Mäppchen mit Aufgaben zusammen, die sie zum Teil gleich selber «von Haustüre zu Haustüre bringen». Insbesondere die Kleinsten erhalten den Lernstoff - zum Beispiel Bastelanleitungen - in einem Päckli.

Die Schülerinnen und Schüler führen zudem ein «Miau»-Heft (heisst: «Mein individueller Auftrag»). Darin dokumentieren die Kinder eine Aufgabe, die sie sich selber stellen und in deren Themenwahl sie völlig frei sind. Erfreulich sei, dass «auch die Eltern voll mitziehen», stellt Rachèle Schlecht fest.

Jeweils am Donnerstag werden neun Kinder, deren Eltern dies wünschen, im Schulhaus betreut. Dafür setzt die Schulleitung drei Lehrpersonen ein, um die Vorgaben des Bundes zum «Social Distancing» einzuhalten.

Auch an der Schule Grentschel in Lyss hat man sich nach einem «Kaltstart» in dieser noch nie dagewesenen Situation zurechtgefunden, wie Schulleiter Rolf Burkhard erzählt. «Wir waren auf dieses Szenario nicht vorbereitet und haben den Fernunterricht buchstäblich aus dem Boden gestampft».

Am Anfang habe man sich darauf eingestellt, dass es zu vielen Pannen kommen werde, doch der Fernunterricht «funktionierte erstaunlich schnell». Auch an der Schule Grentschel sind die Erfahrungen mit der verwendeten Team-Software «sehr gut», wie Burkhard sagt. Mit einer Ausnahme werden alle Kinder zu Hause betreut.

Für die Mittel- und Oberstufe legte die Schule verbindliche Zeiten fest, während derer die Schüler online sein müssen, dies an fünf Halbtagen pro Woche. Für die Jüngeren ist eine Lernzeit von täglich zwei bis drei Stunden vorgesehen. Diese erhalten ihre Aufgaben vorab auf postalischem Weg.

Sowohl in Lyss wie in Mühleberg stellen sich die Verantwortlichen darauf ein, dass der Fernunterricht noch länger dauern könnte. Besonders schmerzlich sei, dass Projekt- und Landschulwochen abgesagt werden müssen. Diese sind besonders häufig im Sommerquartal geplant.

So verzichtet man in Lyss auf den vorgesehenen Austausch mit einer serbischen Klasse aus Belgrad. «Das ist schade und tut weh», sagt der Schulleiter. Auch in Mühleberg werden Projektwochen annulliert. So müssen etwa die Neuntklässler auf die als Abschlussprojekt geplante Velotour ans Mittelmeer verzichten.

Und wie schätzt man bei den Kantonsbehörden die Erfahrungen der letzten zwei Wochen ein? Laut den Rückmeldungen der Schulinspektorinnen und Schulinspektoren arbeiteten die Lehrpersonen «sehr engagiert und kreativ», teilte die Bildungsdirektion auf Anfrage mit.

Es werde ein abwechslungsreicher Unterricht geboten, und «die Lehrpersonen haben laufend neue Ideen, um den Kontakt zu den Kindern aufrecht zu erhalten.» Die Art des Fernunterrichts sei zwar unterschiedlich, da nicht alle Gemeinden über die gleiche digitale Infrastruktur verfügten.

Das sei aber kein Problem, denn Fernunterricht gehe auch mit herkömmlichen Mitteln. «Es muss auch nicht alles perfekt sein», schreibt die Bildungsdirektion weiter. Das zuständige Amt für Kindergarten, Volksschule und Beratung werde prüfen, wie die Erfahrungen mit dem Fernunterricht ausgewertet werden könnten.

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