Junge Schweizer planen jetzt ihre Ferien mit Chat GPT
Künstliche Intelligenz boomt, auch für die Ferienplanung. Tools wie Chat GPT können für Reisebüros sogar eine Chance sein. Eine Reisebloggerin schwärmt.

Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer nutzen für ihre Reiseplanung zunehmend KI-Tools wie Chat GPT.
- Jüngere Reisende setzen dabei vermehrt auf künstliche Intelligenz.
- Eine Schweizer Reisebloggerin plaudert aus dem Nähkästchen.
- Reisebüros sehen in KI eine Chance, fordern aber eine Balance.
«Besser als Google und praktischer als ein Reisebüro», schwärmt Leandra P.* (22). Die Berner Studentin setzt bei der Planung ihres Städtetrips auf die künstliche Intelligenz (KI).
«Welche Sehenswürdigkeiten ich sehen kann, welche herzigen Cafés es gibt und was ich packen soll. All das weiss Chat GPT.»
Bei der Planung durchsucht der KI-Assistent das Internet und trägt die wichtigsten Informationen zur Stadt zusammen. Anschliessend gliedert er die Informationen – und stellt so ein passendes Programm zusammen.
«Ich bin gespannt, ob dieses auch wirklich taugt, bin aber zuversichtlich», sagt Leandra P.
Die Bernerin Aysha W.* (24) hat schon ihre ersten Erfahrungen mit KI-Ferien hinter sich.
Sie sagt: «Die Planung meines Städtetrips nach London war dank Chat GPT deutlich entspannter. Ich konnte mich auf die Informationen verlassen. Und wenn ich nicht zufrieden mit der Auswahl war, hakte ich einfach nach.»
Immer mehr Schweizer nutzen KI bei Reiseplanung
Wie die beiden Studentinnen machen es bereits einige Schweizer Reisehungrige.
Eine Umfrage im Auftrag der Allianz aus dem letzten Jahr mit 1159 Teilnehmenden ergab: Neun Prozent nutzen KI zur Sehenswürdigkeiten-Planung, sieben Prozent zur Inspiration des Reiseziels und sechs Prozent zur Routenplanung oder Preisvergleichen.

Je jünger die Reisenden sind, umso häufiger nutzen sie Chat GPT und Co. Bei der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen sind es bei der Suche nach Sehenswürdigkeiten, Attraktionen und Geheimtipps 16 Prozent.
Und die Nutzung dürfte weiter zunehmen. Ausländische Umfragen kommen nämlich auf bereits höhere Zahlen.
Ein Bericht der Reisesuchmaschine Omio spricht von einem Anteil von 28 Prozent. Und: Laut einer American-Express-Umfrage haben bereits 83 Prozent der Millennials und der Gen Z schon einmal KI beim Reisen verwendet!
Teil dieses Trends ist auch Anita Brechbühl, die mit «Travelita» einen der grössten Schweizer Reiseblogs führt. «Ich nutze KI-Tools für die Reiseplanung», sagt sie auf Anfrage von Nau.ch.

Künstliche Intelligenz nutze sie meist als ersten Wegweiser bei der Planung. Sei es zur Ideensuche für mögliche Reiserouten oder für Tipps zu Sehenswürdigkeiten entlang bereits festgelegter Strecken.
«Der Hauptvorteil ist, dass man basierend auf personalisierten Angaben sehr schnell Vorschläge erhält. Respektive einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten kriegt, die das Reiseziel bietet», so Brechbühl.
«KI erfindet manchmal Orte»
Sie sieht auch gegenüber Suchmaschinen und Reisebüros Vorteile. «Bei Google muss ich mich von Seite zu Seite klicken und beim Reisebüro ist es stark vom Gegenüber abhängig.» Zudem daure die Variante Reisebüro oft länger und sei nicht so personalisiert, wie das mit KI möglich ist.
Die Reisebloggerin gibt aber zu bedenken: «Es gibt keine Garantie, dass die ausgegebenen Informationen richtig sind.»
Das Konsultieren verlässlicher Quellen sowie das Einholen persönlicher Tipps seien daher weiterhin wichtig.
Denn: «Die KI tendiert beispielsweise dazu, Orte zu erfinden. Oder bei der Ausgabe von Reiseprogrammen sind die Vorschläge manchmal nicht stringent.»
Zudem wisse man teilweise nicht, ob Angaben wie Öffnungszeiten noch aktuell sind.
Chat GPT «verändert Kundenverhalten nachhaltig»
Trotz des Trends zu mehr Chat GPT sehen Reisebüros auch Chancen. Elisha Nicolas Schuetz vom Schweizer Reise-Verband sagt zu Nau.ch: «Künstliche Intelligenz verändert sowohl das Kundenverhalten als auch die Prozesse in den Reiseagenturen nachhaltig und bietet enorme Chancen.»
Er führt aus: «Künstliche Intelligenz ist für unsere Branche eine riesige Chance und Bereicherung und kommt schon jetzt bei etlichen Reiseveranstaltern zum Einsatz.»
Reiseagenturen könnten die «vielfältigen kreativen Möglichkeiten von KI mit der menschlichen, persönlichen Expertise der Reiseprofis kombinieren». Damit könne man der Kundschaft die nötige Sicherheit bieten.
Die letzten Jahre mit Corona, Vulkanausbrüchen, Waldbränden und politischen Krisen hätten gezeigt, wie wichtig die direkte Anlaufstelle von Reiseagenturen ist. «Nicht nur bei der Planung und Buchung der Reise, sondern auch im Falle einer unvorhergesehenen Situation vor Ort.»
Durch KI könne man zwar eine umfassendere Beratung anbieten und die Kundinnen und Kunden noch effektiver begleiten. «Aber ebenso klar ist, dass nichts den persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch ersetzen kann.»
Reisebüros fordern gesunde Balance zwischen Chat GPT und Beratung
Schuetz ergänzt: «Grundsätzlich sollte eine gesunde Balance zwischen der Nutzung von KI-Tools und der menschlichen Interaktion mit Reiseprofis bestehen. Um das Reiseerlebnis so individuell und sicher wie möglich zu machen.»
Beratung und Buchung würden schon lange auch über digitale Kanäle ablaufen. Reisebüros und Reiseveranstalter verfügen dabei über Chats, Videoberatung und Social Media, die sich auch an ältere Reisende richten.
Insgesamt wächst das Marktvolumen über Reiseveranstalter und -agenturen – und schrumpft nicht.
«Dinge entdecken, die man sonst nicht auf Radar hätte»
Doch: Läuft man mit Tools wie Chat GPT nicht Gefahr, dass man sich seine Ferien zu stark fremdbestimmen lässt?
«Ich sehe da keinen direkten Zusammenhang mit der KI», sagt Reisebloggerin Anita Brechbühl.

«Tendenziell sehe ich hier sogar eher eine Chance, dass man bei der Eingabe von individuellen Vorlieben effektiv auch Dinge entdeckt, die man sonst nicht auf dem Radar gehabt hätte.»
Zudem beeinflussen auch andere Plattformen wie Instagram das Reiseverhalten. «Und wer sich heute von einem Reisebüro beraten lässt, nimmt ja ebenfalls bewusst schon ‹fremdbestimmte› Ferien in Kauf.»
* Namen der Redaktion bekannt.