Eine Bernerin, welche wegen einer vermeintlichen Internet-Liebe 230'000 Franken veruntreute, ist zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten bedingt verurteilt.
Corona Dienstunfall
Laut dem Gericht gilt Corona nicht als Dienstunfall. - dpa

Das kantonale Wirtschaftsstrafgericht verurteilte die ehemalige Bankangestellte aus dem Berner Oberland am Mittwoch in Bern auch zur Zahlung einer Ersatzforderung an den Kanton Bern in der Höhe von 113'000 Franken. Dieses Geld soll an den Geschädigten gehen. Der Rest des veruntreuten Gelds, 117'000 Franken, ist zurückgezahlt.

Verurteilt wurde die Frau wegen mehrfach begangener qualifizierter Veruntreuung und Urkundenfälschung. Die Probezeit beträgt drei Jahre.

Wie Richterin Barbara Lips bei der Urteilsbegründung sagte, arbeitete die Frau jahrelang bei einer Schweizer Bank. Sie bildete sich intern weiter und war zuletzt stellvertretende Bankleiterin in einer Filiale im Berner Oberland. Dort war sie unter anderem zuständig für die Compliance, also für die Einhaltung von Regeln.

Auf die schiefe Bahn geriet sie, als ein guter Kollege von ihr auswanderte und sie bat, sich um seine Konti zu kümmern. Ausgestattet mit einer Vollmacht mit Einzelunterschrift übertrug sie in den Jahren 2008 und 2009 insgesamt 125'000 Franken auf Konten von ihr respektive ihres Ehemanns. Mit dem Geld kaufte sie ein Auto, einen Whirlpool, glich Minussaldi auf ihren Konten aus und kaufte Aktien.

Weil der Bekannte in Übersee keine Bankauszüge zugeschickt haben wollte, bemerkte niemand das Treiben. Dies bis 2018, als sie nach der Scheidung von ihrem Mann in eine Lebenskrise geriet und auf einen Liebesbetrüger hereinfiel.

Die genauen Umstände blieben vor Gericht unklar, doch überwies sie 2018 rund 100'000 Franken von den Konten ihres Bekannten nach Nigeria und später 150'000 Franken vom eigenen Geld in die USA.

Der Staatsanwalt sprach von «Love Scam», vor dem die Berner Kantonspolizei in den letzten Jahren wiederholt gewarnt hat. Gemeint ist, dass eine Internetbekanntschaft plötzlich von der grossen Liebe spricht und später um Geld bittet. Die Berner Polizei benutzt den Ausdruck «Romance Scam». Die nicht vorbestrafte, geständige Frau selbst sagte bei der Befragung vor Gericht, sie sei damals nicht mehr sich selbst gewesen.

Als die Frau von ihrer Bank aus Gelder nach Nigeria verschob, wurde ihr Vorgesetzter hellhörig und verlangte Auskunft. In dieser Situation fälschte sie einen Brief des Kontoinhabers. Deshalb die Verurteilung wegen Urkundenfälschung.

Richterin Lips verteidigte in ihrer Urteilsbegründung die Oberländer Bank: «Wem wenn nicht der eigenen Compliance-Verantwortlichen sollte man vertrauen?» Auch habe ja der Vorgesetzte reagiert.

Die Richterin hielt der Beschuldigten auch vor, sie habe keine Hemmungen gehabt, das Geld ihres Bekannten zu verwenden, um mit der neuen Liebe ein neues Leben anzufangen. Ihr Freund in Übersee habe 2018 gar Mühe gehabt, seine medizinische Behandlung zu bezahlen angesichts der Plünderung seiner Konti.

Dass die Frau Opfer eines Love Scams geworden sei, berücksichtige das Gericht aber strafmindernd.

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