Werner Weber nimmt uns mit auf eine Führung durch das Dorfmuseum Konolfingen. Er erklärt die reiche Dorfgeschichte und warum nicht jeder Dürrenmatt mochte.
Alter Bären Konolfingen
Werner Weber, Co-Leiter des Dorfmuseums, vor dem alten Bären. - nau.ch
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Werner Weber ist Co-Leiter des Dorfmuseums Konolfingen, das die Räume des alten Bären an der Burgdorfstrasse bewohnt. Auf einer Führung zeigt er uns die einzelnen Räume, die jeweils einem Aspekt der reichen Dorfgeschichte gewidmet sind. Er braucht dazu keinerlei Notizen, er kennt Konolfingen und das Museum inn- und auswendig.

«Die politische Gemeinde Konolfingen gibt es erst seit 1933», erklärt er. Sie ist aus den Gemeinden Stalden und Gysenstein entstanden. Der Ortsteil Konolfingen, wo der alte Bären steht, war Teil der politischen Gemeinde Gysenstein.

«Weil in Konolfingen die Richtstätte und der Galgen gestanden sind, war es im Alten Bern das ‹Zentrum› des Langerichts Konolfingen. Daraus wurde später der Amtsbezirk mit Sitz in Schlosswil.»

Dorfmuseum Konolfingen
Das Dorfmuseum ist im alten Bären in Konolfingen untergebracht. - nau.ch

Nach einem kurzen Abstecher in die altertümlich ausgestattete Speisekammer widmen wir uns sogleich der neuen Sonderausstellung. Die meisten der Räume im Erdgeschoss sind aktuell der Geschichte der Feuerwehr gewidmet. Ein Thema, das auch Werner Weber persönlich am Herzen liegt, war er doch während knapp 25 Jahren beim Pikettkorps.

Vom Feuereimer zum Hydranten

Im Dorfmuseum lässt sich so manche spannende Entdeckung machen. So findet sich in einer Vitrine die Feuerordnung von 1819, in der die Strafen für feuertechnische Vergehen erläutert werden. In einer anderen Ecke hängt ein brauner Lederbeutel, ein Feuereimer, wie Werner Weber erklärt.

Dorfmuseum Konolfingen
Ein Löscheimer aus Konolfingen. - zvg

«Bevor man damals heiraten durfte, musste man dem Pfarrer beweisen, dass man einen solchen Feuereimer besitzt», führt der Co-Leiter aus. So sollte bei einem Brand gewährleistet sein, dass jeder beim Löschen mithelfen konnte.

Doch auch die Moderne darf bei der Feuerwehrausstellung nicht fehlen. Inmitten von alten Dokumenten und Bildern stehen zwei Hälften eines neuzeitlichen Wasserhydrant. «So sieht man ausnahmsweise auch einmal das spannende Innenleben eines Hydranten», sagt Weber begeistert.

Dorfmuseum Konolfingen
Das Innenleben eines Hydranten. - zvg

Konolfingens berühmter Sohn

Auch das Dorfmuseum in Konolfingen musste wegen Corona eine Zwangspause einlegen. Diese wurde aber produktiv genutzt, um die Räume bereits für die Sonderausstellung 2021 vorzubereiten. Diese ist Friedrich Dürrenmatt gewidmet, der 1921 in Stalden geboren wurde.

Dürrenmatts Geschichte ist eng mit jener von Konolfingen verflochten. So war sein bester Freund Otti Kreis der Sohn eines Ingenieurs der Emmental-Burgdorf-Thun-Bahn (EBT). Die EBT wiederum war für die wirtschaftliche Erschliessung von Konolfingen wegweisend.

Dorfmuseum Konolfingen
Friedrich Dürrenmatt nutzte seine Heimat als Inspiration für viele seiner Werke. - Wikicommons

Konolfingen und Dürrenmatt hatten jedoch eine komplizierte Beziehung, wie Werner Weber erklärt. «Es war wirklich eine Art Hassliebe. Dürrenmatt brauchte die Namen vieler Dorfbewohner und formte aus seiner Fantasie und seinen Erinnerungen die Figuren seiner Stücke.»

Zwar verfremdete er die Personen in seinen Büchern, doch erkannten sich die jeweiligen Vorbilder immer noch selbst. «Und Dürrenmatt hatte die Tendenz, eher die schlechten Eigenschaften hervorzuheben.»

Kein Museum im traditionellen Sinn

Während der Führung wird die reiche Geschichte der Gemeinde immer offensichtlicher und in jedem Raum finden sich kleine Besonderheiten. Beispielsweise im «Arztzimmer». In einer Vitrine liegen angsteinflössende Zahnarztzangen, die noch vom Dorfschmied handgefertigt wurden.

Dorfmuseum Konolfingen
Im Dorfmuseum gibt es viele spannende Details zu entdecken. - nau.ch

Mit diesen behandelte Doktor Schüpbach, der 1899 seine Praxis in Konolfingen eröffnete, seine Kunden. Und auch hier schleicht sich Dürrenmatt ein: Doktor Schüpbachs Frau war seine Patin.

Doktor Schüpbach war Arzt, damals zogen Ärzte eben auch Zähne. Schüpbach war berühmt dafür, dass er seinen Patienten beim Zähne ziehen Schmerzmittel verabreichte. Deshalb kamen immer mehr Patienten zum Zähneziehen in seine Praxis.

Er war deshalb froh, dass sich ein Zahnarzt in Konolfingen ansiedelte. Dieser gründete zusammen mit dem bereits ansässigen Zahntechniker das Zahnärztliche Institut in unmittelbarer Nachbarschaft.

Dorfmuseum Konolfingen
Gleich beim Eingang des Museums sind Kunstschmiedearbeiten ausgestellt. - nau.ch

In einem weiteren Raum können Gäste auf einer alten Sitzbank der EBT Platz nehmen. «Wir sind kein Museum im traditionellen Sinn», schmunzelt Werner Weber. «Wir sind eher ein gemütlicher Ort, wo man mehr über Konolfingen erfährt.»

Gleich nebenan ist die Geschichte der Berneralpen Milchgesellschaft, heute Nestlé, erklärt. Dort erfährt man auch, dass die Uperisation in Konolfingen erfunden wurde. Und natürlich hat auch die berühmte Stalden Crème einen Auftritt.

Zur Person

Werner Weber wohnt seit 40 Jahren in Konolfingen. Nach abgeschlossenem Grundstudium wechselte er ans Sekundarlehramt. «Auch heute freut es mich besonders, wenn ich einer Schulklasse das Museum zeigen darf», sagt der mittlerweile pensionierte Weber. «Ich glaube, wir können ihnen hier wirklich etwas bieten.»

Dorfmuseum Konolfingen
Besucher jeden Alters kommen im Dorfmuseum in Konolfingen auf ihre Kosten. - nau.ch

Die Geschichte der Gemeinde Konolfingen findet er aussergewöhnlich spannend. «Auf den ersten Blick wirkt die Gemeinde typisch, beim genauen Hinsehen sieht man das Besondere», schmunzelt Weber. «Dieses liegt oft im Kleinen verborgen.»

Ein Thema muss ihn und seine Kolleg*innen vom Verein interessieren, damit es zu einer Ausstellung wird. «Früher war ich überhaupt kein Dürrenmatt-Fan», verrät er. «Heute bin ich begeistert!»

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