

Rahel Frey: «Jagd bedeutet nicht nur, ein Tier abzuschiessen»

Rahel Frey kam durch die Dorfgemeinschaft zur Jagd. Weder Eltern noch Grosseltern oder sonstige Verwandtschaft widmen sich dieser. Die 30-Jährige war mehrere Jahre Leistungssportlerin im Handball, spielte in der Nationalliga A.
Sie sieht eine Gemeinsamkeit zwischen dem Spitzensport und der Jagd. «Zum Leistungssport gehört so viel dazu. Das ist bei der Jagd dasselbe. Jagen heisst nicht einfach auf ein Tier zu schiessen – es gehört viel mehr dazu.»

Die Jagd: Eine umfangreiche Ausbildung
Den Wald und die verschiedenen Baumarten zu kennen gehört zur Jagdausbildung dazu. Ebenso das Jagdhundewesen. «Zu einem richtigen Jäger gehört eigentlich ein Hund. Aus zeitlichen Gründen bin ich jedoch noch ohne Hund unterwegs.»
Nebst der Jagd widmet sich Rahel hobbymässig noch immer dem Handball. Zudem ist sie in der Feuerwehr aktiv und arbeitet am Kantonsspital Aarau in der Unfallchirurgie. Jüngst hat sie zudem mit vier Kollegen ein Start-up gegründet.

Auch Gesetzeslagen, Waffenhandhabung sowie Wildtierkunde sind Teil der Jagdausbildung. «Man muss die Ökologie und den Jahresablauf der Tiere kennen; dazu gehören auch all die Vogelarten.» So haben Tiere auch eine Schonzeit, in denen sie nicht geschossen werden dürfen.
Abstimmung zum Jagdgesetz
Biber und Luchse sind gesetzlich geschützt und dürfen somit gar nicht geschossen werden. Das wird sich auch mit dem neuen Jagdgesetz, welches am 27. September zur Abstimmung kommt, nicht ändern.

«Ich finde es sehr schade, dass seit ein paar Tagen das neue Jagdgesetz nur auf den Wolfabschuss reduziert wird! Es geht eben wie bei der Jagd umso viel mehr. Die Wildtiere bekommen im neuen Gesetz einen besseren Schutz und auch finanzielle Möglichkeiten, die bis jetzt nicht vorgeschrieben waren.»
Vorschriften berücksichtigen
Von Kanton und Forst erhalten die Jäger jeweils Vorgaben, wie viele Tiere in einer Saison geschossen werden müssen. Wird diese Vorgabe nicht erfüllt, besteht die Gefahr, dass den Jägern das Revier weggenommen wird.

Geschlecht, Alter, allfällige Krankheiten – vor dem Abschuss gilt es das Tier genau zu beurteilen. Bis es zum Schuss kommt, dauert es also viel länger, als so manch einer ahnt. «Im Frühjahr war ich 22-mal draussen, bis ich endlich einen Bock schiessen konnte.»
Den Finger gerade sein lassen. So heisst es in der Jägersprache, wenn diese ein Tier nicht schiessen, obwohl sie könnten. Solche Momente gibt es auch bei Rahel. «Wenn ich einen Bock mit Reh und Kitz, also eine ganze Familie auf der Weide sehe, drücke ich nicht ab.»

Pachtbeiträge für Jagdrevier
Flächenmässig gehört Densbüren zu den grössten Gemeinden im Kanton Aargau. Das Jagdrevier in Densbüren umfasst 1'200 Hektaren. Dieses hat Rahel mit zehn weiteren Jägern (Jagdgesellschaft) gepachtet. Jeder hat sein Gebiet, in welchem er respektive sie im Einsatz ist.
Um überhaupt in den Wald gehen und schiessen zu dürfen, zahlen die elf Pächter zusammen jährlich 22'000 Franken. «Wir Jäger sind eigentlich die einzigen, die dafür zahlen, um überhaupt in den Wald gehen zu dürfen.»

Jagd nimmt neuen Stellenwert ein
War das Jagen lange eine Männerdomäne, so gibt es mittlerweile immer mehr Frauen, die auf Jagd gehen. Diese Entwicklung unterstützt die Firma Swarovski Optik. Rahel Frey ist mit Fernglas und Teleskop der Firma ausgerüstet. Zwei der Utensilien, die sie auf der Jagd stets dabei hat.
Nicht zu vergessen ist natürlich das Gewehr. «Auch bei diesen gibt es das ‹Billigauto› oder den ‹Porsche›», sagt Rahel. Ihr Gewehr gehört mit 10'000 Franken zu den teureren Modellen. «Die Jagd ist kein günstiges Hobby.»

Ein Grund, warum wohl auch immer mehr Frauen auf Jagd gehen: Die Entwicklung in Sachen Ernährung. «Die Leute essen bewusster und wollen wissen, wo ihr Essen herkommt. Das Fleisch soll nicht aus der Massentierhaltung kommen. Für die Jagd ist das eine positive Entwicklung.»
Die letzte Ehre für das Tier – die Weidmannssprache
Wichtig ist auch, dass dem erlegten Tier auf einer Gesellschaftsjagd die letzte Ehre erwiesen wird. Unter anderem wird das Tier auf die rechte Seite gelegt, damit das Herz näher beim Himmel ist. Auch hat jedes Tier eine eigene Melodie, welche auf dem Jagdhorn gespielt wird.

Das geschossene Tier wird zu Hause, in diesem Fall bei einem Mitglied der Jagdgesellschaft, ausgenommen. «Gerade durch meinen Pflegeberuf finde ich dies sehr spannend», sagt die 30-Jährige. Die sogenannte kleine Jagdtrophäe – Leber und Niere – gehören stets dem Jäger. Der Rest des Fleischs geht an Metzgereien, Restaurants oder Privatpersonen.
Durch Jagd die Natur kennenlernen
Rahel Frey kocht auch selbst gerne. «Mein Vater hat schon so viel Wildfleisch gegessen, obwohl er es eigentlich gar nicht mag», sagt sie. Man könne mit Wildfleisch leckere Menüs auf den Tisch bringen.

Die Jagd ist für Rahel ein Ausgleich zum Alltag. «Es ist unglaublich entschleunigend. Ich sitze drei, vier Stunden auf dem Hochsitz und geniesse es, in der Natur zu sein.»
Durch die Jagd hat Rahel viel über die Natur gelernt, das ihr zuvor nicht bewusst war. «Wie gesagt: Jagen heisst nicht nur, ein Tier abzuschiessen. Es steckt viel mehr dahinter.»