Genfer Schülerinnen laufen wegen eines «sexistischen» Dresscodes Sturm. Hintergrund ist die Debatte um zu freizügige Kleidung. Die Sanktionen werfen Fragen auf.
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Schülerinnen protestierten in Genf gegen den Dresscode. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Genfer Schülerinnen rebellieren gegen einen Dresscode an Sekundar- und Mittelschulen.
  • Kleiden sie sich zu freizügig, müssen sie etwa ein «T-Shirt der Schande» tragen.
  • Der oberste Gymi-Lehrer der Schweiz hält solche Vorschriften für legitim.

«Bildungsamt der Schande», steht etwa auf ihren Plakaten geschrieben. Schülerinnen laufen in Genf Sturm gegen einen «sexistischen» Dresscode. Tragen Schülerinnen mehrerer Mittel- und Sekundarschulen bauch- oder schulterfreie Kleidung, greifen die Schulen ein.

Eine Sanktion stösst den Schülerinnen besonders sauer auf: Das sogenannte «T-Shirt der Schande». Dieses Shirt in Übergrösse, welches bis zu den Knien fällt, trägt die Aufschrift: «Ich bin angemessen gekleidet». Am Mittwoch protestieren Schülerinnen vor dem Kollegium Pinchat.

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Schülerinnen protestieren in Genf gegen das «Shirt der Schande».
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Mädchen seien vom Dresscode ungleich stärker betroffen als Knaben, monieren die Schülerinnen.
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Die Schülerinnen und Schüler haben ein Protestschreiben an das Genfer Erziehungsdepartement geschickt.
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In einem Brief fordern sie, dass Bildungsdirektorin Anne Emery-Torracinta (SP) die Orientierungsschulen verpflichtet, diese «erniedrigende» Praxis aufzugeben.

Sie fordern eine öffentliche Entschuldigung des Genfer Erziehungsdepartements und erhalten breite Unterstützung.

Die oberste Lehrerin der Schweiz, Dagmar Rösler, hält nichts von verbindlichen Dresscodes und hält das T-Shirt in Übergrösse für «nicht angebracht», wie sie heute gegenüber Nau.ch erklärte. Die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone verurteilt die «stigmatisierende» Praxis.

Mazzone warnt gar, damit werde signalisiert, «dass sie (Schülerinnen) sich dafür schämen sollten und für gewalttätiges, männliches Verhalten verantwortlich sind». Die von den Schülerinnen beschuldigte Bildungsdirektorin Anne Emery-Torracinta (SP) kündete an, sich mit den Schülerinnen auszutauschen.

Sie gesteht, die T-Shirt-Praxis sei wohl «in der Tat nicht mehr zeitgemäss». Anders sieht dies der oberste Gymi-Lehrer der Schweiz.

Schulen müssen Eskalation vorsehen

Lucius Hartmann, Präsident des Vereins Schweizerischer Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer, hatte vom konkreten Fall bisher keine Kenntnis. Sagt aber: «Grundsätzlich muss im Unterricht eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre herrschen.»

Werde diese beeinträchtigt, zum Beispiel durch allzu freizügige Kleidung, «sind solche Vorschriften durchaus überlegenswert (und bestehen ja an gewissen Schulen)».

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Präsident des Vereins Schweizerischer Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer Lucius Hartmann. - VSG

Welche Sanktion die richtige sei, müsse jede Schule für sich festlegen. «Wobei man in der Regel eine Eskalation vorsehen sollte», räumt Hartmann ein.

Zunächst sollen Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler ermahnen und im Wiederholungsfall vom Unterricht wegweisen.

Kommt es zu Sanktionen, hat sich gemäss Hartmann bewährt, dass bei einer Definition solcher Vorschriften inklusive Sanktionen auch die Schülermeinung einbezogen wird. «Und natürlich muss die Problematik thematisiert werden, etwa in einer Klassenstunde.»

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