Millionen deutscher Mieter müssen sich auf stärker steigende Wohnkosten einstellen: Deutschlands grösste Immobilienfirma, der Dax-Konzern Vonovia, hält angesichts der hohen Inflationsraten deutlichere Mieterhöhungen für unausweichlich.
Wohngebäude in Berlin
Wohngebäude in Berlin - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Deutscher Mieterbund kritisiert Ankündigung von Wohnungskonzern scharf.

«Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen», sagte Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch dem «Handelsblatt» (Mittwochsausgabe). Der Mieterbund kritisierte die Äusserung scharf.

«Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht. Das wird nicht klappen», sagte Buch weiter. Vonovia besitzt rund 565.000 Wohnungen, die meisten davon in Deutschland. Die durchschnittliche Miete bei dem Wohnungskonzern erhöhte sich in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Schnitt auf 7,40 Euro pro Quadratmeter - das waren 3,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dies liegt noch deutlich unter der derzeitigen Inflationsrate von knapp acht Prozent.

Auch in Berlin seien die Mieten im Zeitraum zwischen April 2021 und 2022 deutlich weniger gestiegen als die Inflation, erklärte der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). So lag die Inflation bei 7,9 Prozent, die Wohnkosten seien im gleichen Zeitraum aber nur um 2,2 Prozent gestiegen. «Die Spielräume für Mietanpassungen sind klar im BGB geregelt, und das ist auch gut so», erklärte BBU-Vorstandsmitglied Maren Kern.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) übte scharfe Kritik an der möglichen Mieterhöhung bei der Vonovia. «Dass Mieterinnen und Mieter für den eingebrochenen Aktienkurs von Vonovia und höhere Zinsen am Kapitalmarkt herhalten müssen, zeigt, dass die Geschäftsmodelle börsennotierter Wohnungskonzerne unsozial und spekulativ sind», erklärte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten.

Vonovia hatte demnach im Pandemiejahr 2021 rund 1,7 Milliarden Euro Gewinn erzielt und mit 1,66 Euro pro Aktie die höchste Dividende der Unternehmensgeschichte ausgezahlt. Im gleichen Jahr stiegen die Mieten in den Wohnungen des Konzerns laut DMB um durchschnittlich 3,8 Prozent, in Berlin betrug die Steigerungsrate für Mieter der Vonovia über acht Prozent. Vonovia übernahm zudem für rund 19 Milliarden Euro den bis dahin zweitgrössten börsennotierten Immobilienkonzern, die Deutsche Wohnen.

«Spätestens jetzt zeigt sich, dass die blumigen Ankündigungen der Vonovia-Spitze im Zuge der Übernahme der Deutsche Wohnen, wonach die Bestandsmieten um nicht mehr als ein Prozent pro Jahr steigen sollen, nichts als Makulatur sind», kritisierte Siebenkotten. Politik und Kartellamt seien «am Nasenring durch die Manege geführt worden». «Am Ende zahlen alles die Mieterinnen und Mieter, das ist das Geschäftsmodell von Vonovia und Co», kritisierte Siebenkotten.

Der Berliner Mieterverein warnte angesichts der möglichen Mieterhöhungen vor einem weiteren Anstieg der Inflation. «Wenn Vermieter nun eine Mieterhöhungswelle lostreten, dann wird dies die Inflation weiter anheizen, mit hohen gesamtwirtschaftlichen Risiken», erklärte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Er riet den Mietern dazu, mögliche Mieterhöhungen rechtlich zu prüfen. «Wir rechnen mit vielfach schamloser Ausnutzung der aktuellen Situation», erklärte Wild.

Auch von der Linken kam Kritik an den Plänen. «Trotz Milliardengewinnen in den vergangenen Jahren möchte der Konzern die aktuelle Inflationswelle für zusätzliche Übergewinne nutzen», erklärte die Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Fraktion Die Linke im Bundestag, Caren Lay. Für «hunderttausende Menschen» sei eine Mieterhöhung eine «existenzielle Bedrohung». Lay forderte einen Mietenstopp sowie einen bundesweiten Mietendeckel.

Auch die Ko-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Hasselmann, kritisierte die Ankündigung. «Was ist das angesichts der Lage für ein Signal, wenn ein grosser Mietwohnungsbaukonzern heute ankündigt, die Mieten zu erhöhen - ist das das Signal einer sozialen Marktwirtschaft?», fragte Hasselmann im Bundestag. «Nein, das ist es nicht», sagte Hasselmann weiter.

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