Deutsche Atomkraftgegner haben erleichtert auf das Aus für einen umstrittenen belgischen Meiler nahe der Grenze bei Aachen reagiert.
Das Akw Tihange bei Lüttich unweit der deutschen Grenze
Das Akw Tihange bei Lüttich unweit der deutschen Grenze - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Abschaltung von Reaktor Tihange 2 von Protesten begleitet.
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Die Stilllegung von Reaktorblock zwei im Kernkraftwerk Tihange bei Lüttich sorge «für deutlich mehr Sicherheit», sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Dienstag der Online-Ausgabe der «Rheinischen Post» in Düsseldorf. Der Meiler sollte nach Angaben des Betreibers Engie nach genau 40 Jahren Laufzeit bis Mitternacht vom Netz gehen.

Politiker und Atomkraftgegner unter anderem in Deutschland und Luxemburg hatten sich jahrelang für ein Aus des Reaktors eingesetzt, der rund 50 Kilometer Luftlinie von der deutschen Grenze entfernt liegt. Experten hatten bereits 2012 tausende kleine Risse in dem Reaktordruckbehälter festgestellt. Ähnliche Probleme hatte ein Meiler im belgischen Kernkraftwerk Doel bei Antwerpen. Dieser war bereits Ende September endgültig vom Netz gegangen.

«Tihange 2 gehört zu den gefährlichsten Atomanlagen weltweit», erklärte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Harald Ebner (Grüne). Der Meiler verliere «seit 2005 radioaktives Wasser» und habe bereits mehrere Störfälle gehabt. Wegen solcher Risiken sei es «uneingeschränkt richtig, dass Deutschland zum 15. April endgültig aus der Atomkraft aussteigt».

In der Nähe des Kraftwerks Tihange an der Maas südwestlich von Lüttich protestierten nach Angaben des belgischen Nachrichtensenders LN24 rund 150 Menschen gegen die Abschaltung. «Kernkraftwerke mitten in der Klima- und Energiekrise abzuschalten, ist eine sehr schlechte Idee», erklärte der deutsche Verein Nuklearia, der die Kundgebung unterstützte.

Auch der Vorsitzende der flämischen Separatisten-Partei N-VA und Bürgermeister von Antwerpen, Bart de Wever, nahm an der Kundgebung teil. Er kritisierte das «überstürzte» Herunterfahren des Meilers. Im Ukraine-Krieg sei die Atomkraft eine Frage der europäischen Sicherheit, sagte er LN24.

Ursprünglich wollte Belgien 2025 vollständig aus der Kernkraft aussteigen, doch der russische Angriffskrieg in der Ukraine liess die Energiepreise explodieren und nährte die Angst vor flächendeckenden Stromausfällen. Für die beiden jüngsten belgischen Atommeiler ist nun eine Laufzeitverlängerung bis 2035 geplant. Darauf hatte sich die Regierung Anfang Januar grundsätzlich mit dem Betreiber Engie verständigt.

Die belgischen Kernkraftwerke an den Standorten Lüttich und Antwerpen deckten mit ihren ursprünglich sieben Reaktoren etwa die Hälfte des belgischen Strombedarfs. Übergangsweise soll nun Gas die Lücke schliessen, das Belgien teils in Form von Flüssiggas importiert. Später sollen dann Öko-Energieträger an die Stelle treten.

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