Bernerin Nina Radjenovic weiter auf dem Weg an die Weltspitze
Nina Radjenovic ist erst 26-jährig, trotzdem bewegt sie sich seit vielen Jahren in ihrer Sportart auf Weltklasse-Niveau und reiht Erfolg an Erfolg.

Ihr gesunder sportlicher Ehrgeiz ist ungebrochen – der Wille, in den kommenden Jahren bei einer Welt- oder Europameisterschaft auf dem Treppchen zu stehen und ihrer reichen Medaillensammlung die Krönung aufzusetzen, treibt sie an, die Trainings-Strapazen auf sich zu nehmen und dem Karate alles andere unterzuordnen.
Man schrieb das Jahr 2018, als im serbischen Novi Sad die Karate-Europameisterschaften durchgeführt wurden. Mittendrin die noch nicht 20-jährige Nina Radjenovic.
Zusammen mit der bisher erfolgreichsten Schweizer Karateka, Elena Quirici, und zwei weiteren Kolleginnen holte sie sich Gold im Mannschaftswettbewerb.
Seither hat die Bernerin zahlreiche Erfolge zu verzeichnen; doch zufrieden ist sie noch lange nicht. «Ich möchte so rasch wie möglich an einer Europameisterschaft auf dem Siegertreppchen stehen und mich für die Weltmeisterschaft qualifizieren», sagt die Frau, die nebenbei ein Fernstudium in Betriebsökonomie in Richtung Sportmanagement absolviert, das allerdings derzeit nur zweite Priorität geniesst.
Training in Serbien
Kurz nach unserem Gespräch verabschiedet sich Nina Radjenovic in Richtung Serbien, wo sie sich bis im August in Arandjelovac, südlich der Hauptstadt Belgrad, zusammen mit anderen starken Karatekas auf die kommenden Saisonhöhepunkte vorbereitet.
«Über Erfolg oder Misserfolg entscheidet das gesamte Paket», weiss Nina Radjenovic. «Schnelligkeit, Kraft, Technik, Taktik – Kopf und Körper müssen in Einklang gehalten werden – auch die Konzentration ist eminent wichtig – verliert man im drei Minuten dauernden Kampf nur einen Augenblick die Konzentration, ist man bereits auf der Verliererseite.»
Neben den während Wettkampfpausen zweimal täglichen Trainings im Verein – am Vormittag Kraft und nachmittags Karate unter den Fittichen von Coach Demian Seiler – hält sich die Bernerin im Fitnesszentrum bei Savo.ch und beim Physiotherapie-Guru Michel Olivari körperlich auf höchstem Niveau. Zum Team zählt mit Suzan Panic auch eine Sportpsychologin.
Die ersten Trainings mit Bruder Timo
Persönlich
Nina Radjenovic
Geboren am 24. August 1998 in Bern.
Mannschaftseuropameisterin 2018.
U21-Europameisterin 2018.
U18-Vize-Europameisterin 2018.
Dritte Plätze an der U16-EM 2014,
U18-EM 2016 und U21-EM 2019.
Diverse Spitzenplätze bei K1-Turnieren.
Rang 1 im Welt-Ranking U21 im Jahr 2019.
Mehrfache Schweizermeisterin.
Zum Karate ist Nina Radjenovic durch ihren um zwei Jahre älteren Bruder Timo gekommen. Sie begleitete ihn zu den Trainings und war von der Sportart sofort begeistert, so dass Klein-Nina nicht mehr nur zuschauen, sondern selbst aktiv werden wollte.
Zusammen mit Mutter Pia beteiligte sie sich an einem Mutter/Tochter-Kurs und fortan war sie dem Karate-Virus definitiv verfallen, genau so wie Frau Mama, ebenfalls stolze Trägerin des Schwarzgurts.
Bereits im Alter von sechs Jahren begann sie organisiert zu trainieren, immer mehr, immer seriöser und bald auch immer erfolgreicher.
Nach der Rückkehr aus dem intensiven Trainingslager geht es im Jahresprogramm weiter. Sieben bis acht Wettkämpfe stehen pro Saison im Kalender, deren vier K1-Anlässe (das höchste Niveau im Karate), an denen pro Kategorie nur 32 Frauen teilnehmen dürfen, dazu die Europameisterschaften, die in diesem Jahr in Eriwan (Armenien) stattfinden sowie die Weltmeisterschaften, mit einer Qualifikation in Paris und der WM in Kairo.
Beim kürzlich ausgetragenen K1-Premier League-Turnier in Rabat bewies Nina Radjenovic eindrücklich ihre Ambitionen.
Sie erreichte als stärkste Schweizerin zum vierten Mal einen starken fünften Rang und war nahe am Gewinn der Bronzemedaille.
In der Gruppenphase setzte sie sich unter anderem gegen die aktuelle Weltnummer 1 aus Kasachstan, Kanay Assel, durch und unterlag erst im Viertelfinal knapp der späteren Finalistin und amtierenden Vize-PKF-Meisterin Barbara Rodrigues aus Brasilien.
Im kleinen Final gegen Aly Noursin aus Ägypten stand es am Ende nach einem auf Biegen und Brechen geführten Kampf 0:0 – erst durch Schiedsrichterentscheid musste sie sich geschlagen geben und landete so auf Platz 5.
Keine Olympische Spiele
Nachdem 2021 in Tokio Karate im olympischen Programm figurierte, strich das Internationale Olympische Komitee (IOC) bereits in Paris die Sportart wieder aus dem Programm.
Die 111 stimmberechtigten IOC-Mitglieder bemängelten den angeblich fehlenden Unterhaltungswert und die Schwierigkeit, ein jüngeres Publikum anzusprechen.
Ob neu aufgenommene Sportarten wie Baseball, Softball, Cricket oder Flag Football attraktiver sind, wagen wir zu bezweifeln.
Tatsache ist, dass sich Nina Radjenovic aufgrund des fragwürdigen IOC-Entscheids nun auf Welt- und Europameisterschaften konzentrieren muss und eine Olympiamedaille zunächst nur ein Traum bleibt.